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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Schleichweg Lehre?

Asylwerbern soll nun die Lehre verwehrt werden - Reaktionen aus Kirche und Wirtschaft

Nachdem immer wieder Proteste gegen die Abschiebung von Asylwerbern, die eine Lehre begonnen hatten, laut wurden, will die Bundesregierung nun diese Möglichkeit verbieten. Dagegen regt sich heftiger Widerstand auch von kirchlichen Organisationen.
von Gerald Heschl

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Caritas-Präsident Michael Landau kritisiert die Vorgehensweise der Regierung (caritas)

Knapp 1000 junge Asylwerber begannen aufgrund der langen Wartezeit auf ihren Asylbescheid eine Lehre. Angesichts des massiven Fachkräftemangels in Österreichs Wirtschaft wurden sie von Unternehmen mit offenen Armen aufgenommen. Diese jungen Asylwerber zeigten sich arbeitswillig und waren in der Regel sehr gut integriert. Daher kam es immer wieder zu Protesten, wenn sie abgeschoben werden sollten. Dies nahm Vizekanzler Hans-Christian Strache zum Anlass, einen Stopp der Lehre für Asylwerber zu fordern. Der Koalitionspartner ÖVP zog trotz Widerständen aus der Wirtschaft nach.
So kann sich WKÖ-Präsident Harald Mahrer gut vorstellen, dem deutschen Vorbild zu folgen: Während der drei Jahre dauernden Lehre gibt es dort keine Abschiebung. Auch nach dem Lehrabschluss dürfen Asylwerber noch zwei Jahre in Deutschland bleiben. Erst dann wird über eine Abschiebung entschieden. In extremen Mangelberufen hat die Wirtschaft damit die Chance, junge Menschen zu behalten. Ob Mahrers Vorstoß beim Koalitionspartner FPÖ jedoch auf positive Resonanz stößt, bleibt abzuwarten.
Kritik hagelt es unterdessen nicht nur aus Wirtschaftskreisen. Auch die Caritas hat das Vorhaben der Bundesregierung heftig kritisiert. Caritas-Präsident Michael Landau sprach von einer „völligen Fehlentscheidung in menschlicher und in wirtschaftlicher Sicht“. An die Regierung appellierte Landau, keine „überhasteten Entscheidungen“ zu treffen, sondern nach einer Nachdenkpause mit Unternehmen, Sozialpartnern und Lehrbetrieben doch noch zu einer sinnvollen und lebensnahen Regelung zu kommen. Unternehmen und Wirtschaft hätte hier einen nüchternen und lösungsorientierten Zugang. Der täte auch der Politik jetzt ganz gut, befand der Caritas-Chef.
Denn wird das Vorhaben in die Tat umgesetzt, zwinge das viele junge Asylwerber dazu, über Monate und Jahre nichts zu tun. Viel sinnvoller wäre es laut Landau, Jugendlichen die Chance zu geben, etwas zu lernen und einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen; auch dann, wenn diese letztlich nicht im Land bleiben könnten. Denn der Hausverstand lehre, dass man bei sinnvoller Beschäftigung „weniger leicht - ganz unabhängig von der Nationalität - auf dumme Ideen kommt“.
Die Erfahrung in Caritas-Einrichtungen zeige: Junge Menschen wollen lernen, deshalb sei es ein „Gebot der Humanität“ und der wirtschaftlichen Klugheit, sie dabei zu unterstützen.
„Völlig unverständlich ist hingegen, dass nun junge Asylwerber mit ihren Talenten, Interessen und Begabungen ihren Beitrag zur Gesellschaft nicht mehr leisten sollen.“