Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

„Gut, dass es in einer Welt des Bösen auch viel Hilfe gibt“

Lokalaugenschein Grundversorgungsquartier Feldkirchen

Vom Krieg in der Ukraine geflohen, haben 43 Menschen in Feldkirchen Zuflucht und Schutz gefunden. Lokalaugenschein im Grundversorgungsquartier der Caritas Kärnten im Zentrum der Tiebelstadt.

von Ingrid Worofka

Draußen lacht die Sonne vom blitzblauen Himmel. Dann und wann fährt ein Auto vorbei. Obwohl das Grundversorgungsquartier der Caritas Kärnten im Herzen von Feldkirchen liegt, ist es an diesem Mittag ruhig. Man hört Vögel zwitschern. Es scheint, als wollten sie mit ihrem fröhlichen Gesang das Leid vergessen machen, das die vom Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen erleben mussten. „Ich war gerade beim Laufen, als die erste Bombe eingeschlagen hat und die Sirenen losgegangen sind“, erzählt Julia (45) aus Dnipro, der viertgrößten Stadt der Ukraine, und weint. Als sie begriff, dass Gefahr für Leib und Leben bestand und sie Panik bei ihrer herzkranken Mutter und ihrer neunjährigen Tochter erlebte, fasste sie den Entschluss zu fliehen. Jetzt sitzt Julia mit Tochter Sofia in der neuen Caritas-Unterkunft beim Computer, um ihr beim Lernen zu helfen. Die Biologielehrerin, die in Kärnten Deutsch lernen und eine Arbeit finden will, sagt: „Bevor Sofia die Schule in Feldkirchen besuchen wird, macht sie noch den Schulabschluss via Distance Learning in der Ukraine.“

Gut eingelebt und organisiert

43 geflüchtete Menschen – 25 Frauen, zwei Männer und 16 Kinder sowie Jugendliche – haben mit drei Hunden und vier Katzen Anfang Mai das Grundversorgungsquartier in Feldkirchen bezogen und hier Zuflucht und Schutz gefunden. Sie sind aus Notquartieren gekommen. Dort wurden die Menschen registriert und in die Grundversorgung aufgenommen, über die sie auch krankenversichert sind. Drei Quartierbetreuerinnen sind im Feldkirchner Haus der Caritas für das Wohl der geflüchteten Familien da.

Eine ist Martina Bäcker. Sie sagt: „Die geflüchteten Familien haben sich bereits gut eingelebt und organisiert. Schulpflichtige Kinder besuchen die Schule. Demnächst starten Deutsch-Kurse. Erste Arbeitsangebote trudeln ein.“ Bäcker hat für alle Bewohnerinnen und Bewohner ein offenes Ohr, steht ihnen helfend zur Seite. Sie kümmert sich um die Mahlzeiten, teilt Hygieneartikel aus, organisiert, was benötigt wird, und begleitet die Angekommenen zuweilen auch bei Behörden- und Arztwegen. Bäcker: „Es ist ein schönes Miteinander. Die geflüchteten Menschen lernen von uns und wir von ihnen.“

Dankbar für die erfahrene Hilfe

Nebenan ist Larysa (34) gerade mit dem Mittagessen fertig und räumt den Tisch ab. Heute ist sie mit ihrer zehnjährigen Tochter Marija und Mutter Raisa für den Putzdienst zuständig. Die drei sind aus der Hafenstadt Odessa geflohen und mit fast nichts außer ein bisschen Winterkleidung in Kärnten angekommen. Larysa, die in ihrer Heimat als Managerin bei einer Tankstelle gearbeitet hat, sorgt sich um ihren Mann und weitere Familienmitglieder, die in der Ukraine geblieben sind. „Wir telefonieren täglich. Wenn wir die Nachricht kriegen, dass wieder Bomben gefallen sind, haben wir riesengroße Angst. Es ist schrecklich, was passiert.“ Gleichzeitig ist Larysa froh, dass sie mit ihrer Tochter und Mutter jetzt in Sicherheit ist. Mehr noch: „Wir haben alles, was wir brauchen – von der Zahnbürste bis zum Sommer-T-Shirt –, hier in Kärnten bekommen. Es tut sehr, sehr gut zu spüren, dass es in einer Welt des Bösen und der Ängste auch viel Hilfe und Fürsorge gibt.“

Gerade noch rechtzeitig geflohen

Draußen geht die Haustüre auf. Sofia (11) und Yaroslaw (11) kommen aus der Schule und werden von Kurzhaardackel Kitty und Katze Wasilisa begrüßt. Die ukrainischen Kinder besuchen die erste Klasse Mittelschule in Feldkirchen. Sofia stellt sich auf Deutsch vor und erzählt dann in ihrer Muttersprache, dass sie in der Schule bereits Freundinnen und Freunde gefunden habe und sich hier sehr wohl fühle. Ihre Mutter Ksenia (43) unterstreicht das: „Hier ist es wunderbar. Wir haben alles. Das Essen schmeckt gut. Die Kinder sind lebhafter. Gott sei Dank erleben sie den Krieg nicht mehr.“ Daheim in Butscha habe man mit ihnen zwei Wochen im Keller verbracht, um sich vor den Kämpfen zu schützen, und draußen auf den Gartenzaun habe man in großen Buchstaben das Wort Kinder geschrieben – in der Hoffnung, von den Gefechten verschont zu bleiben. Ihre Wohnung blieb es nicht. Ksenia zeigt am Handy erschreckende Bilder. Täglich telefoniert sie mit ihrem Mann in der Heimat: „Alles ist zerstört. Es gibt keine Arbeit und nichts zu essen.“ Ksenia ist gerade rechtzeitig geflohen. „Wir haben den letzten Zug von Irpin erwischt. Am nächsten Tag war der Bahnhof vernichtet.“ Auch wenn die geflüchteten Menschen in Feldkirchen in Sicherheit und gut umsorgt sind, wollen sie nur eines: dass der Krieg so rasch wie möglich endet und sie zurück in ihre Heimat können. Ksenia: „Wir vermissen unsere Familie sehr!“

Nach wie vor wird Hilfe benötigt

Wer koordiniert helfen will, wähle über den Caritas-Wir helfen-Shop ein passendes Hilfspaket aus und schicke es kostenlos via Versand-etikett der Österreichischen Post an die Caritas Kärnten. Danke!

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