Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Beschäftigungslosen Menschen in schweren Zeiten eine Chance geben

Arbeitslosigkeit

Im Rahmen eines grenzüberschreitenden Interreg-Projektes sollen Menschen, die aufgrund schwieriger Lebensumstände arbeitslos geworden sind, wieder in die Mitte der Gesellschaft geholt werden.

Sandra ist 30 Jahre alt, hat ein abgeschlossenes Studium, aber außer geringfügigen Beschäftigungen noch nicht „richtig“ gearbeitet. Grund dafür sind unter anderem ihre psychischen Erkrankungen. Wenn es ihr schlecht geht und sie depressiv ist, erledigt sie nur das Nötigste. Oft ist Sandra mit der Welt draußen überfordert. Was sie aber möchte, ist Teil der Gesellschaft, auch der Arbeitsgesellschaft, zu sein – aber so, wie es für sie möglich ist.

So wie Sandra geht es vielen beschäftigungslosen Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Wie man diese mit sinnvoller Beschäftigung in die Mitte der Gesellschaft holen kann, zeigt das grenzüberschreitende Interreg-Projekt INVOLVED. Eine grenzüberschreitende Kooperation, an der erstmals fünf Caritas-Organisationen aus Kärnten, der Steiermark und Slowenien beteiligt sind.

Mehrere Pilotprojekte und innovative Workshops mit Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Kultur, NGOs und der Zivilgesellschaft wurden erarbeitet. Zusätzlich gab es eine wissenschaftliche Untersuchung, bei der die Bedarfe der Betroffenen erhoben wurden, um festzustellen, ob und vor allem auch wie es gelingen kann, Menschen am Rande der Erwerbsgesellschaft zu erreichen und für eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermutigen.

Menschen wollen arbeiten

Kärntens Caritasdirektor Ernst Sandriesser ist davon überzeugt, „dass Menschen arbeiten wollen, und wenn ihnen richtig geholfen wird, auch arbeiten können“. Wie die Erkenntnisse des EU-geförderten Projektes INVOLVED zeigen, brauche es in Kärnten aber neben den bestehenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen völlig neue Formen und Möglichkeiten der Beschäftigung. Bereits gelebte Maßnahmen am zweiten Arbeitsmarkt sind natürlich weiterhin eine sehr wichtige und sinnvolle Basis, allerdings ergänzt um neue Konzepte von Arbeit, die sinnvolle und an die individuelle Situation angepasste und längerfristige Beschäftigung bietet. Dazu gehört auch ein unterschiedlicher Mix aus Arbeiten wie Freiwilligen- und Gemeinwohlarbeit, Care-Arbeiten und Subsistenz-Arbeiten.

Neue Formen der Beschäftigung

Bei INVOLVED geht es neben der sozialen Integration arbeitsmarktferner und ausgrenzungsgefährdeter Menschen durch ehrenamtliches Engagement um neue Formen der Beschäftigung. Finanziert wird das Projekt vom EU-Förderprogramm Interreg, das zum Ziel hat, europäische, territoriale Zusammenarbeit zu fördern. Die fünf Caritas-Organisationen haben im Erfahrungsaustausch beim gemeinsamen Netzwerken und Tun voneinander gelernt. Jede hat in ihrer Region erfolgreich Menschen in Beschäftigung gebracht. So berichtet Petra Prattes, Vizedirektorin der Caritas Graz-Seckau, von einer Erfolgsgeschichte: „Andrea, die an einer psychischen Krankheit leidet, war eine der Betroffenen in unserem Projekt. Aufgrund ihrer freudvollen Erfahrung, etwas tun zu können und gebraucht zu werden, geht sie nach 28 Jahren heute wieder einer Arbeit nach und nimmt auch am gesellschaftlichen Leben wieder teil.“

Auch Peter Tomažič, Generalsekretär der Caritas Slowenien, ist zufrieden: „Wir haben das gesetzte Ziel erreicht, Menschen aus der Isolation herauszuführen und es geschafft, dass sie diese Zeit sinnvoll gestalten und strukturieren, neue Fähigkeiten erwerben und durch ehrenamtliches Engagement ein soziales Netzwerk aufbauen.“

Zukunftsperspektiven haben

Dass Menschen, die nicht am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen, über innovative Beschäftigungsformen wieder zur sozialen Teilhabe gefunden haben, freut auch Božidar Bračun, Generalsekretär der Erzdiözese Caritas Maribor. Er sagt: „Wir glauben, dass das Interreg-Projekt die Erwartungen erfüllt hat, sowohl die breite Öffentlichkeit als auch die relevanten Institutionen für die Situation von Menschen mit Langzeitarbeitslosigkeit und die damit verbundenen Probleme zu sensibilisieren.“

Im Rahmen des Projektes wurden für Menschen, die häufig nicht gesehen werden, wie von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen, sowie Frauen, die unter Gewalt leiden, Pilotprojekte entwickelt und in der jeweiligen Region umgesetzt. 81 Frauen und Männern konnte so wieder eine Perspektive gegeben werden. Wie Sandra, die im lend.raum, einem Projekt der Caritas Kärnten, eine sinnvolle Beschäftigung gefunden hat: „Der lend.raum ist für mich ein Ort, wo man sein darf, wie man ist und sich nicht verstellen braucht. Auch die Betreuerinnen Petra und Kathrin sorgen dafür, dass man sich wohlfühlt. Mir hat es auch geholfen, dass man dort auch von seinen Problemen und Schwierigkeiten erzählen kann. Auch wenn es mich anfangs überfordert hat, neue, unbekannte Leute zu treffen, war der lend.raum ein Grund für mich, morgens aufzustehen und einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen.“ Dieses Projekt ermöglicht einen besonders niederschwelligen Zugang zur Beschäftigung. Es soll beschäftigungslosen Menschen in psychisch fordernden Lebensumständen einen Raum bieten, sich freiwillig zu engagieren.

Information:

Der Lend.raum – ein Pilotprojekt der Caritas Kärnten Kontakt: Tel.: 0676/347 39 01 Homepage: www.caritas-kaernten.at