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Internetredaktion der Diözese Gurk

Kinderschutzgipfel, PGR, Ethikunterricht, EU-Wahl

Wortlaut der Presseerklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz nach ihrem Frühjahrstreffen

Frühjahrsvollversammlung der österreichischen Bischöfe vom 18. bis 21. März 2019 in Reichenau an der Rax (Foto: Kathpress/Wuthe)
Frühjahrsvollversammlung der österreichischen Bischöfe vom 18. bis 21. März 2019 in Reichenau an der Rax (Foto: Kathpress/Wuthe)

Wien, 22.03.2019 (KAP) "Kathpress" dokumentiert im Folgenden den Wortlaut der Presseerklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz nach der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe vom 18. bis 21. März 2019 in Reichenau an der Rax:

1. Kinderschutzgipfel

Verantwortung, Transparenz, Rechenschaft und Prävention - das sind die Grundprinzipien der Kirche beim Umgang mit sexuellem Missbrauch und Gewalt in den eigenen Reihen. Die Verwirklichung dieser Prinzipien war Hauptthema des Kinderschutzgipfels, zu dem Papst Franziskus die Spitzen der Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften Ende Februar versammelt hatte. Dabei wurde auf weltkirchlicher Ebene das Bewusstsein für die Missbrauchsproblematik weiter geschärft. Konkrete Maßnahmen auf Grundlage der schon bestehenden kirchenrechtlichen Normen gegen sexuellen Missbrauch sollen folgen und sind nötig. Beim Kinderschutzgipfel wurde überdies klar, dass in der Kirche ein Kulturwandel im Umgang mit geistlicher Autorität unabdingbar ist. Die österreichischen Bischöfe unterstützen Papst Franziskus in seinem Bestreben um diesen grundlegenden Wandel und in der Durchsetzung gleicher Standards überall in der Kirche im Kampf gegen Missbrauch.

In Österreich geht die katholische Kirche mithilfe von unabhängigen Expertinnen und Experten einen Weg der Transparenz und Prävention, der ehrlichen Aufarbeitung und der Hilfe für Betroffene. Grundlage dafür sind die 2010 von der Bischofskonferenz beschlossenen und 2016 novellierten Richtlinien gegen Missbrauch und Gewalt. Sie stehen unter dem biblischen Leitwort "Die Wahrheit wird euch frei machen" (Joh 8,32). Sie haben sich bewährt und haben im internationalen Vergleich Vorbildwirkung.

Um die konsequente Einhaltung dieser Richtlinien und ihre Weiterentwicklung sicherzustellen, hat die Bischofskonferenz einen Beirat unter dem Vorsitz von Bischof Benno Elbs eingerichtet, der sich am 9. März konstituiert hat. Weitere Mitglieder sind der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer sowie Frauen und Männer, die über Expertise in der Missbrauchsthematik verfügen. Es sind dies Prof. Reinhard Haller, Prof. Johannes Wancata, Christiane Sauer, Melanie Bartoloth-Dauschan, Elisabeth Wieser-Hörmann sowie Rita Kupka-Baier. Der Beirat will eine allgemeine Haltung des bewussten Hinschauens stärken, damit jedem Verdachtsfall konsequent nachgegangen wird. Sie ist die Grundlage für Präventionsmaßnahmen, die weiter ausgebaut werden sollen.

Besonders seit 2010 hat die Kirche in Österreich zahlreiche Maßnahmen im Kampf gegen Missbrauch und Gewalt und für den Kinderschutz ergriffen (eine Übersicht ist auf der Website www.ombudsstellen.at abrufbar; Direktlink: https://bit.ly/2FjCqJo). Sie machen das Leid jener nicht ungeschehen, die durch die Kirche und ihre Verantwortungsträger Schutz und Fürsorge gebraucht hätten, aber das Gegenteil erfahren haben. Es darf nie mehr passieren, dass das Ansehen der Institution über die Leiden der Opfer gestellt wird, dass Täter lediglich versetzt und Verbrechen vertuscht werden. Darauf haben sich die Bischöfe und alle kirchlichen Amtsträger in Österreich verpflichtet und davon darf nicht abgewichen werden.

Gewalt gegen und sexueller Missbrauch von Minderjährigen sind eine leidvolle Realität vor allem im privaten Umfeld und in der ganzen Gesellschaft. Ziel muss eine breite gesellschaftliche Allianz sein, um das nach wie vor verbreitete Tabu darüber aufzubrechen und Kinder noch besser zu schützen.

2. Pfarrgemeinderäte

Pfarrgemeinderäte sind als eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils Ausdruck einer synodalen Kirche. Sie tragen und inspirieren durch Mitverantwortung und Beteiligung das pfarrliche Leben seit 50 Jahren. 1969 wurde erstmals in einer österreichischen Diözese eine Pfarrgemeinderatswahl durchgeführt. Seit 1987 finden diese alle fünf Jahre gleichzeitig in ganz Österreich statt. Von den aktuell rund 45.000 Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte sind rund 30.000 direkt gewählt, fast die Hälfte davon zum ersten Mal. Ihre Erneuerungskraft ist ein Hoffnungszeichen für die Kirche in Österreich.

In den letzten 50 Jahren haben sich Kirche und Gesellschaft stark gewandelt. Immer deutlicher wird, dass eine partizipative Kirche nicht nur ihren neutestamentlichen Anfängen entspricht, sondern auch die Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen ist. Nur über echte Beteiligung identifizieren sich Menschen so sehr mit dem Evangelium, dass ihr Leben und Wirken überzeugend, anziehend und somit auch missionarisch ist. Die Teilhabe möglichst vieler ermöglicht es, dass sich Talente entwickeln und Neues entstehen kann. Echte Partizipation ist eine Haltung, bei der es um ein Teilen von Verantwortung und die Übergabe von Gestaltungsspielräumen geht. Wenn heute in der Kirche auch wegen mangelnder Partizipation erschreckende Formen des Missbrauchs geistlicher Autorität sichtbar werden, dann müssen partizipative und transparente Strukturen umso mehr gestärkt werden. Allein von daher haben und gestalten Pfarrgemeinderäte Zukunft.

Welche Rolle können und sollen Pfarrgemeinderäte angesichts der gegenwärtigen Veränderungsprozesse in den kirchlichen Basisstrukturen haben? Nach welchen Kriterien sollen künftig Pfarrgemeinderäte gewählt und bestellt werden? In welchen Bereichen gilt es die Beteiligung so weit zu stärken, dass aus einem beratenden Gremium ein entscheidendes wird? Wer soll künftig den Vorsitz in einem Pfarrgemeinderat führen? Dies sind nur einige Fragen, die die Bischöfe mit den Frauen und Männern in den Pfarrgemeinderäten beraten und klären wollen.

Einem Vorschlag der diözesanen Verantwortlichen für die Pfarrgemeinderäte (PGRÖ) folgend wird die Bischofskonferenz daher im kommenden Jahr zu einem Pfarrgemeinderatskongress einladen. Er wird vom 21. bis 23. Mai 2020 in Saalfelden stattfinden. Die Vorbereitung dafür haben die PGRÖ übernommen.

3. Ethische Geldanlage und Klimawandel

Mit der Enzyklika Laudato Si´ hat Papst Franziskus 2015 ein christliches Lebensprogramm und ein Überlebensprogramm für die Menschheit vorgelegt. Es ist ein epochales Dokument über die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen sowie spirituellen Gefährdungen und Perspektiven der uns anvertrauten Welt. Es geht dabei um eine "ökologische Umkehr", die am persönlichen Lebensstil ansetzt und bis zur Etablierung einer weltweiten öko-sozialen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung reicht. Besonders deutlich wird die globale Dimension ökologischer Herausforderungen beim Klimawandel, den es einzudämmen gilt.

Die "Sorge für das gemeinsame Haus" ist ein zentrales Thema dieses Pontifikats und der Kirche. Aus diesem Grund hat die Österreichische Bischofskonferenz bereits im Herbst 2015 mit der Umsetzung der Enzyklika begonnen und sich für eine nachhaltige und klimafreundliche Führung und Ausrichtung der Diözesen entschieden. Damit verbunden ist eine Wende hin zu erneuerbarer Energie.

Vor diesem Hintergrund haben die Bischöfe im Herbst 2017 die "Richtlinie Ethische Geldanlagen" (FINANKO) beschlossen. Die Kriterien der Richtlinien folgen dem bewährten Dreiklang einer ökumenisch-christlichen Ethik und lauten Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Die ethischen Veranlagungsrichtlinien bieten Bewertungen hinsichtlich Anlageformen wie Fonds, Derivative, Indexprodukte oder Rohstoffe wie Gold. Die Prinzipien des ethischen Investments lauten "Verändern - Fördern - Verhindern" und werden umgesetzt durch konkrete Ausschlusskriterien, den "Best-in-Class-Ansatz" im Blick auf besonders veranlagungs- und somit förderungswürdige Projekte und durch "Engagement" zwecks konkreter Einflussnahme auf Institutionen mittels Investitionen.

Kirchliche Finanzmittel dürfen keine zerstörerische Wirkung auf das Klima haben. Daher hat die Österreichische Bischofskonferenz jetzt beschlossen, die Divestment-Erklärung im Rahmen des Global Catholic Climate Movement (GCCM) zu unterzeichnen und die ethischen Veranlagungsrichtlinien entsprechend anzupassen. Zusätzlich zum bereits bestehenden Ausschluss von Kohleförderung und Fracking in allen Vermögensklassen bedeutet das konkret, dass die Kirche in den kommenden fünf Jahren mit ihren Geldveranlagungen aus allen Unternehmen aussteigt, die fossile Brennstoffe (Kohle, Öl, Erdgas) fördern bzw. produzieren.

Dieser Vollausstieg gilt für alle Diözesen, die Österreichische Bischofskonferenz und alle ihre Einrichtungen. Um die Anwendung und Interpretation der jetzt verschärften ethischen Veranlagungsrichtlinien zu sichern, wird zudem als neues Instrument eine Ständige Kommission eingerichtet.

4. Ethikunterricht

Die Österreichische Bischofskonferenz begrüßt ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, den Ethikunterricht ab dem Schuljahr 2020/21 für jene Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II einzuführen, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen. Dieses Modell hat sich seit 1997 im Rahmen von zahlreichen Schulversuchen bewährt und stützt sich auf eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Vermittlung ethischer Bildung gehört zu den Kernaufgaben der Schule. Für viele Schüler wird dieser Auftrag im Religionsunterricht erfüllt, weil er immer schon ethische Fragen behandelt, ohne sich darin zu erschöpfen.

Von rund einer Million katholischen Schülern in Österreich besuchen gegenwärtig rund 90 Prozent den Religionsunterricht trotz der bestehenden Abmeldemöglichkeit. Dies ist ein Ausweis für die hohe Akzeptanz und Qualität des Religionsunterrichts. Dieser stellt sich den existenziellen Fragen rund um das Woher, Wohin und den Sinn des Lebens und reflektiert sie in einer erklärt christlichen Haltung.

Der geplante Ethikunterricht ist vor allem in Hinblick auf die zunehmend größer werdende Gruppe der Schüler ohne religiöses Bekenntnis sinnvoll und notwendig. Sie sollen wie bisher die Freiheit haben, für den Religionsunterricht zu optieren. So entscheiden sich schon jetzt jährlich rund 21.000 Schüler ohne religiöses Bekenntnis für den katholischen Religionsunterricht. Für diejenigen, die keinen Religionsunterricht wählen, wird künftig der Ethikunterricht zur Pflicht.

Inhaltlich gibt es zwischen Religions- und Ethikunterricht große Schnittmengen. Der Ethikunterricht kann mit einer Rundreise verglichen werden, auf der die unterschiedlichen Wertesysteme vorgestellt werden. Der Religionsunterricht bietet darüber hinaus die Beheimatung in der eigenen Konfession an. Im Religionsunterricht wird nicht nur über Religion gesprochen, hier werden auch Räume eröffnet, um die eigene religiöse Identität zu erfahren und zu reflektieren.

Beide Fächer gehören in die Mitte des Bildungsangebots und des Schulalltags. Dafür braucht es künftig auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Religions- und Ethikunterricht an den einzelnen Schulen. Voraussetzung dafür ist, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen für beide Gegenstände gleich gestaltet sind. Dies betrifft etwa die Anzahl der Wochenstunden. Bereits im Schulversuch Ethik hat es sich bewährt, dass Religionslehrende mit entsprechender Zusatzausbildung das Fach unterrichtet haben. Das soll auch mit der Einführung des Ethikunterrichts so bleiben.

5. Wahlen zum Europäischen Parlament

Vom 23. bis 26. Mai 2019 sind die Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgerufen, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments neu zu wählen. Das Ergebnis dieser Wahl hat weitreichende Konsequenzen für die EU und die politische Entwicklung der nächsten fünf Jahre in ganz Europa und darüber hinaus. Die österreichischen Bischöfe unterstützen und begleiten aus fester Überzeugung die europäische Integration, weil es dabei um das friedliche Zusammenleben in Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität und somit um höchste politische Werte geht. Vor diesem Hintergrund sollen möglichst alle ihr demokratisches Wahlrecht nutzen.

Österreich hat vor 25 Jahren durch ein eindrucksvolles Votum Ja zu Europa gesagt. Wenige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es damals große Erwartungen und Hoffnungen, die sich leider nur teilweise erfüllt haben. Auch wenn die faktische Trennung aufgehoben ist, die "Grenze im Kopf und in den Herzen" ist in vielen Bereichen noch immer schmerzlich erfahrbar und wirkt weiter. Daher braucht Europa eine Politik des Konstruktiven und der Inklusion und nicht der Spaltung und der Ausgrenzung.

Gefragt ist in der gegenwärtigen Situation eine informierte Wahlentscheidung. Dabei gibt es einige grundlegenden Themen, die es zu bedenken gilt. So verursacht die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung unserer Welt einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt. In diesem Prozess gilt es, die technischen Möglichkeiten als Unterstützung, aber nicht als Ersatz des Menschen im Arbeitsprozess zu verstehen. Arbeit ist mehr als Broterwerb, sie verleiht dem Menschen Würde. Ziel der Politik der Europäischen Union muss es sein, möglichst vielen Menschen eine "Arbeit in Würde" zu ermöglichen. Das gilt im besonderen Maß für junge Menschen, die ohne Arbeit jede Zukunftsperspektive zu verlieren drohen.

Die Folgen des Klimawandels sind in vielen Bereichen schon jetzt spürbar. Die notwendigen und ambitionierten Anstrengungen, um nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, müssen gerecht aufgeteilt werden und dürfen nicht auf Kosten der Menschen an den Rändern unserer Gesellschaft gehen. Eine nachhaltige Politik verlangt neben technischen Lösungen eine "ökologische Umkehr" und das Eingeständnis, dass der Mensch nicht Herr, sondern rechenschaftspflichtiger Verwalter der Schöpfung ist.

An den politischen Grenzen Europas sind bewaffnete Konflikte wieder Realität geworden. Europa muss bereit sein, mehr Verantwortung für Sicherheit zu übernehmen. Dabei gilt es auch präventiv den Frieden zu sichern und potentielle Konflikte zu entschärfen, bevor sie ausbrechen. Entwicklungszusammenarbeit, vor allem mit den Ländern Afrikas, muss ein Teil dieser Bemühungen sein. Solidarität darf kein leeres Versprechen sein, sondern bedarf des tatkräftigen Einsatzes.

Flucht und Migration haben konkrete Ursachen und bleiben eine Herausforderung für Europa. Eine gerechte Lösung wird nur im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Politik zu finden sein. Sie muss sowohl der Subsidiarität, der Tragkraft und den Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedsstaaten als auch der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung der Mitgliedsstaaten gerecht werden. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass im Mittelpunkt dieses Bemühens konkrete Menschen stehen.

All das ist nicht in nationalstaatlichem Egoismus zu lösen, sondern bedarf des konzertierten Zusammenwirkens aller Mitglieder der europäischen Familie. Das Fundament des Europäischen Projekts ist der Wille, in Europa Frieden zu schaffen und zu erhalten. Sich dafür einzusetzen und daran mitzuarbeiten ist auch eine Aufgabe der Christen, deren Mitdenken, Mitbeten, Mitwirken und Mitarbeiten die Europäische Union heute vielleicht mehr bedarf als je zuvor.

6. Maßnahmen der Katholischen Kirche in Österreich gegen Missbrauch und Gewalt

Der mehrseitige Bericht u.a. mit Grafik zu den bisher von der Kirche in Österreich gesetzten Maßnahmen im Kampf gegen Missbrauch und Gewalt ist im Volltext abrufbar auf der Website www.ombudsstellen.at ; Direktlink: https://bit.ly/2FjCqJo