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Internetredaktion der Diözese Gurk

Fragen und Antworten zum Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan

Vom Papst einberufenes Kinderschutztreffen versammelt von 21. bis 24. Februar Vorsitzende katholischer Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften aus aller Welt zu Beratungen über Missbrauch in der Kirche

KATHPRESS | katholisch.at - Im Vatikan beginnt am Donnerstag, 21. Februar, das mit Spannung erwartete viertägige Spitzentreffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche. Papst Franziskus hat dazu die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt sowie Vertreter von Ordensgemeinschaften nach Rom gerufen. Vorgesehen sind neben Plenarrunden und Arbeitsgruppen auch eine Bußfeier und Berichte von Betroffenen von Missbrauch sowie Vorträge externer Experten. Der Papst nimmt an der gesamten Konferenz teil. Aus Österreich reist Kardinal Christoph Schönborn für das Kinderschutztreffen nach Rom. Es ist das erste Mal, dass der Papst die Leiter aller Bischofskonferenzen zum Thema Missbrauch in der Kirche versammelt.

Für Franziskus sei "wesentlich, dass die Bischöfe nach ihrer Rückkehr aus Rom die anzuwendenden Gesetze kennen sowie die notwendigen Schritte unternehmen, um Missbrauch zu verhindern, sich um die Opfer zu kümmern und sicherzustellen, dass kein Fall vertuscht oder begraben wird", hieß es zuletzt in einer Vatikanerklärung mit Blick auf die Beratungen in der Neuen Synodenaula, zu denen an die 200 Teilnehmer erwartet werden. Die Versammlung sei eine wichtige Etappe "auf der schmerzhaften Reise" im Kampf gegen Missbrauch, auf der sich die Kirche bereits seit 15 Jahren befinde.

Petrusstatue vor dem Petersdom in Rom (Foto: fotomax)
Petrusstatue vor dem Petersdom in Rom (Foto: fotomax)

Ein Skandal und seine Konsequenzen

von Ludwig Ring-Eifel



1. Was hat der Vatikan bislang gegen sexuellen Missbrauch unternommen?

Seit 2001 hat die Römische Glaubenskongregation die kirchlichen Strafverfahren bei Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche an sich gezogen und die Verjährungsfristen verlängert. Die Normen wurden 2010 nochmals verschärft. Seither greift das Kirchenrecht auch in vielen Fällen, die vor weltlichen Gerichten verjährt sind oder nicht als Straftaten gelten. Nach 2001 sind bei der Glaubenskongregation mehrere tausend Anzeigen zu Vorfällen aus den vergangenen 70 Jahren eingegangen.

2. Warum hat Papst Franziskus den Gipfel einberufen?

Auslöser waren Berichte über zahlreiche Missbrauchsfälle in den vergangenen Jahrzehnten, unter anderem in den USA, Chile, Deutschland und Österreich. Papst Franziskus musste eigene Fehler beim Umgang mit Fällen in Chile einräumen. Zudem wurde ihm vorgeworfen, der Vatikan habe den langjährigen Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick (88) trotz zahlreicher sexueller Übergriffe gedeckt. Hinzu kamen Forderungen, die Ehelosigkeit der Priester zu lockern und die Sexualmoral der Kirche zu ändern.

3. Wer nimmt teil?

Unter den 190 Teilnehmern bilden die Vorsitzenden aller nationalen Bischofskonferenzen (einschließlich der Leiter der Ostkirchen) mit rund 140 die größte Gruppe. Hinzu kommen 12 männliche und 10 weibliche Ordensobere. Ferner nehmen die Chefs von 14 Vatikanbehörden, die verbliebenen Mitglieder des Kardinalsrates sowie einige Kinderschutzexperten, Missbrauchsopfer und Referenten teil.

4. Wie läuft das Treffen ab?

Anders als bei einer Synode wird es keine Schlussabstimmung über ein Dokument geben. Die Bischöfe und Oberen sollen vor allem zuhören und verstehen. Im Zentrum stehen die Themen Verantwortlichkeit und Transparenz. Missbrauchsopfer werden - auch per Videoaufzeichnung - von ihren Leiden berichten. An drei Tagen sprechen je drei Redner über die Themen "Verantwortung", "Rechenschaft" und "Transparenz" . Sechs der Referenten sind Erzbischöfe, drei sind Frauen. Der Papst fasst, nach einem Bußgottesdienst am Samstag und einer Heiligen Messe am Sonntag, die Ergebnisse in einer Grundsatzrede zusammen.

5. Welche Konsequenzen wird der Gipfel haben?

Franziskus wird in der Woche danach mit den Organisatoren über die Konsequenzen beraten. Geplant sind kurzfristige wie auch mittel- und langfristige Schritte. Auswirkungen wird es voraussichtlich bei der Priesterausbildung und im kirchlichen Strafrecht geben. Insbesondere soll kirchenrechtlich verbindlich festgelegt werden, wie künftig Bischöfe und Obere für Verbrechen oder das Vertuschen von Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Um darüber hinaus grundlegende Änderungen in der Moraltheologie oder bei der Zölibatsvorschrift zu beschließen, wäre ein allgemeines Konzil notwendig.