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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Ein Stern für den Alltag

Theologische Fragmente zum Fest "Taufe des Herrn"

Ein Stern als Begleiter (M. Kapeller)
Ein Stern als Begleiter (M. Kapeller)

Maria, Josef und das Jesuskind sind bereits sorgsam in der Kommode verstaut. Die Engel, Sterne und Kugeln haben wieder ihren Platz in der großen Kiste im Keller gefunden und der Christbaum wurde umweltschonend entsorgt. Viel zu rasch kommt für mich diese außergewöhnliche Weihnachtszeit mit all den Einschränkungen, großen Schneemengen, ruhigen Stunden und intensiven Begegnungen an ihr Ende. In diesen Tagen befällt mich ein leicht beklommenes Gefühl wie nach dieser „Festzeit“ wohl der Wiedereinstieg in den Rhythmus des Alltags gelingen wird. Den Abschluss der Weihnachtszeit bildet das Fest „Taufe des Herrn“. Dies bietet mir die Gelegenheit darüber nachzudenken, was es heißt getauft zu sein und mit der Erfahrung von Weihnachten aus der Taufe zu leben. Dabei beziehe ich mich auf die geistlichen Erfahrungen der jungen Kirche und begebe mich dazu ins vierte Jahrhundert und zwar nach Mailand.

Die Schritte zur Taufe

Die Taufpraxis der Kirche von Mailand ist durch zwei Schriften von Bischof Ambrosius („De sacramentis“ und „De mysteriis“) überliefert. Darin erfahren wir, dass die Anmeldung der erwachsenen Taufwerber/innen bereits am 6. Jänner erfolgte und die Vorbereitung die vierzigtägige Fastenzeit umfasste. Ihren Abschluss fand sie in der Taufe in der Osternacht. Die theologische Erschließung der Taufe war jedoch erst in der Osterwoche vorgesehen, denn es brauche – so die damalige Überzeugung – die Taufgnade, um die Tiefe dieses Wirkens Gottes am Menschen erfassen zu können. Diese Katechesen von Bischof Ambrosius können uns, wie ich meine, Wegweiser sein und uns von der Weihnachtszeit in den Alltag begleiten.

Dem Beispiel Jesu folgen

In seiner ersten Katechese vergleicht Ambrosius den Getauften mit einem Sportler, der für seinen weiteren Lebensweg die nötige „Ausrüstung“ erhalten hat.

Du bist wie ein Athlet Christi gesalbt worden.

Der Mensch wurde also mit der nötigen Kraft ausgestattet, um dem Beispiel Jesu folgen zu können. Einen Hinweis auf die Beschaffenheit dieser „Kraftmittel“ finden wir bereits in den Gaben, mit denen die Sterndeuter aus dem Osten dem neugeborenen König in der Krippe huldigen. Diese wiederum können darauf verweisen, was dem Menschen in der Taufe verliehen wird, nämlich die Teilhabe am Priesteramt Christi als Priester, König und Prophet. Das Priesterliche kann mit dem Weihrauch symbolisiert werden, der aufsteigt und die Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und Mensch verdeutlicht. Das Gold wiederum steht für das Königliche und drückt die Verantwortung aus, die Menschen füreinander haben – besonders für die Armen und Schwachen. Die Myrrhe versinnbildlicht das Leiden und die Bitternis. Dies wiederum verweist uns auf das Prophetische und für das Einstehen für den Glauben, komme es gelegen oder ungelegen.

Wie ein Fisch im Wasser

Die Bewährung des Neugetauften in seinem Leben mitten in der Welt ist für Ambrosius ein zentrales Motiv seiner Katechesen. So erläutert er in seiner dritten Katechese, dass die Taufe eine Wiedergeburt darstellt (s. Joh 3, 1-21) und verdeutlicht dies mit dem Untertauchen und Wiederauftauchen in eine neue Existenz. Dadurch vermag der Mensch den Wogen und Wellen des Meeres der Welt neu zu begegnen. Er bewegt sich darin förmlich wie ein Fisch im Wasser.

Der Fisch geht nicht unter, weil das Schwimmen seiner Natur entspricht.

Im Johannesprolog, dem Weihnachtsevangelium des vierten Evangeliums, geht das Wort in diese Welt ein, indem es Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat (Joh 1, 14). Dabei erfährt es auch Ablehnung und hat gegen die Finsternis dieser Welt anzukämpfen. Wie ein Fisch im Wasser dieser Welt dürfen sich diejenigen bewegen, die sich von diesem Wort, von diesem neugeborenen Kind, beschenken lassen und dem Leben mit Vertrauen begegnen.

Himmel auf Erden

In seiner Geburt kommt Gott dem Menschen auf unbeschreibliche Weise nahe, leuchtet auf Erden Himmel auf. Das war die Botschaft der Engel, die die Hirten nach Betlehem eilen ließ. In seiner fünften Katechese macht sich Ambrosius in einer Meditation über die ersten Worte des Vaterunsers auch Gedanken über den Himmel.

Der Himmel ist dort, wo der Tod keine Wunde mehr schlägt.

Der Tod wird dem göttlichen Kind in der Krippe nicht erspart bleiben. So weist die orthodoxe Weihnachtsikone bereits auf das Ende Jesu hin. Verbunden sind Krippe und Kreuz durch die Haltung Gottes zum Menschen: in Jesus teilt Gott das Leben und Sterben der Menschen und möchte ihnen darin – so die Verheißung des christlichen Glaubens – in seiner Liebe nahe sein. Dadurch vermag selbst der Tod nicht mehr die Wunde äußerster Einsamkeit und Verlassenheit zu schlagen, weil Gott gerade dann und gerade dort da ist.

Ein Begleiter für den Alltag

Spätestens mit dem Fest „Taufe des Herrn“ kehren wir wieder in den Alltag zurück. Die Besinnung auf die Taufe wird mich daran erinnern, wie ich den Aufgaben und Herausforderungen mit Klarheit, Entschiedenheit und Vertrauen begegnen kann. Begleiten wird mich dabei ein Hymnus des Heiligen Ambrosius, in dem es heißt: „Glanz strahlt von der Krippe auf, neues Licht entströmt der Nacht. Nun obsiegt kein Dunkel mehr und der Glaube trägt das Licht.“ Dieses Leuchten des Glaubens nehme ich mit in meinen Alltag. Und damit ich im Laufe des Jahres nicht darauf vergesse, hole ich mir noch rasch einen kleinen Stern aus der großen Weihnachtskiste im Keller.