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Diözesanbischof

Weihnachten: Den Armen Aufmerksamkeit schenken

Josef Marketz, Caritasdirektor und designierter Bischof von Kärnten, im SONNTAG-Interview

Josef Marketz (Foto: Pressestelle/Eggenberger)
Josef Marketz (Foto: Pressestelle/Eggenberger)

Kurz vor Weihnachten wurden Sie von Papst Franziskus zum Kärntner Bischof berufen. Für Sie ein schönes Geschenk?
Marketz: Noch bin ich dabei, es auszupacken und sehe mehr die kommenden Herausforderungen als die Freuden, die darin sicher auch verborgen sind.

Weihnachten ist das Fest der Familie. Es ist voll alter christlicher Bräuche und Riten. Was verbinden Sie mit Weihnachten? Haben Sie besondere Erinnerungen aus Ihrer Kindheit?
Marketz: Zu Weihnachten war für uns Kinder damals alles besonders: zuerst die adventliche Vorfreude; dann das dreimalige Räuchern von Haus und Stall, wobei ich immer den Großvater begleiten durfte. Ich habe mich auf die ganz besonderen Speisen und Getränke gefreut, aber auch auf die immer gleichen Rituale. Meine Geschenke habe ich stur jedes Jahr erst am Weihnachtsmorgen aufgemacht. Besonders waren auch das Knirschen des Schnees beim nächtlichen Kirchgang, die weihnachtlich geschmückte Kirche und der festliche Gottesdienst. Am Christtag standen dann Verwandtenbesuche auf dem Programm. Rückblickend klingt es fast kitschig.

Bei der Caritas haben Sie es mit Menschen zu tun, für die Weihnachten nicht so wie für viele ein Fest des Schenkens ist. Wie feiert man etwa im Obdachlosenhaus die Geburt Christi?
Marketz: Ähnlich wie überall: eine kleine Andacht, Stille Nacht, kleine Geschenke, gutes Essen von Freiwilligen gekocht oder gebracht, ein wenig zusammensitzen. Dann geht man wieder hinaus auf die Straße, in die Kälte und Einsamkeit. Vielleicht hat man irgendwo eine weitere Feier, wo es Gemeinschaft und Geschenke gibt.

Marketz: “Ich genieße die Freude an Weihnachten und bin dann dankbar, dass Gott mir so viele Zeichen seiner liebenden Aufmerksamkeit schenkt.“ (Foto: Pressestelle/Eggenberger)
Marketz: "Ich genieße die Freude an Weihnachten und bin dann dankbar, dass Gott mir so viele Zeichen seiner liebenden Aufmerksamkeit schenkt." (Foto: Pressestelle/Eggenberger)

Die Caritas hat gerade in letzter Zeit oft davon gesprochen, dass eine unserer großen gesellschaftlichen Nöte die Einsamkeit ist. Gerade zu Weihnachten wird das für viele spürbar. Welchen Weihnachtswunsch haben Sie für einsame Menschen?
Marketz: Viele sehnen sich nach einer wohltuenden Gemeinschaft, haben aber nicht die Kraft, sie zu suchen, warten weiter – über den Advent hinaus. Ein Zeichen, dass sie wahrgenommen werden, ein kurzer, aber herzlicher Besuch, der sie überrascht, würde ihnen wohl die größte Freude bereiten.


Die Caritas bietet vielfältige Hilfe an. Gibt es auch spezielle Angebote für einsame Menschen zu Weihnachten?
Marketz: Es gibt in vielen Pfarren, in Bildungshäusern und anderen Einrichtungen die Möglichkeit, Weihnachtsfreude zu teilen. In der Caritas ermöglichen wir, soweit als möglich, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Gelegenheit, mit ihren Lieben zu feiern.

Aber manche müssen doch auch arbeiten ...
Marketz: Viele machen über die Weihnachtsfeiertage Dienst in Pflegeeinrichtungen, sagen dann aber, es war nicht wirklich Arbeit, sondern ein ganz besonderer Dienst an den alten Menschen.

Die Ersten, die Jesus anbeteten, waren keine Könige, sondern einfache Hirten. Was bedeutet das für Sie – und was könnte unsere Gesellschaft daraus lernen?
Marketz: Letztlich sind sie aber doch unter sich geblieben, die Armen. Jesus war ja einer von ihnen. Wir können es besser machen, als doch recht wohlhabende Menschen. Wir können den Armen Aufmerksamkeit schenken und ein bisschen Freundschaft.

Was wäre Ihr Tipp, wie man in unserer hektischen und stressigen Zeit ein besinnliches, freud- und friedvolles Weihnachtsfest feiern kann?
Marketz: Da bin ich heuer wohl nicht der Richtige, der Ihnen Tipps geben könnte. Aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, nicht zu viel zu erwarten, mich mit Kleinigkeiten überraschen zu lassen. Ich genieße die Freude daran und bin dann dankbar, dass Gott mir so viele Zeichen seiner liebenden Aufmerksamkeit schenkt.

Hat sich mit der Ernennung zum Bischof für Ihr persönliches Weihnachten etwas geändert?
Marketz: Nein. Heuer werde ich im Kurhaus St. Josef sein, wo ich die Feiern mit den anderen Gästen sehr persönlich gestalten und auch selber zur Ruhe kommen kann.

Jetzt ist gerade noch Zeit, den Brief ans Christkind zu schreiben und abzuschicken. Haben Sie einen besonderen Wunsch ans Christkind?
Marketz: Ja, viele: seine ganz persönliche Begleitung, Stütze und Kraft in diesen Zeiten, die mich schon auch verunsichern, und das Geschenk des beginnenden Vertrauens von Menschen, die mich noch skeptisch beäugen. Und natürlich die Unterstützung so vieler mir bekannter Menschen, die im Leben hart gefordert werden und denen ich oft nur mit meinem Gebet beistehen kann.

Diese Ausgabe des „Sonntag“ geht als Doppelnummer über den Jahreswechsel hinaus. Was ist Ihr größter Wunsch für das neue Jahr?
Marketz: Für die Welt wünsche ich mir möglichst viel Friedensanstrengungen und für unser Land eine Regierung, die auch den Ausgleich zwischen Arm und Reich ganz dick im Programm hat.

Und was wäre Ihr Anliegen für unsere Diözese?
Marketz: Für unsere Diözese möchte ich den Titel einer Broschüre von Klaus Einspieler und Michael Kapeller als Wunsch formulieren: Knoten lösen. Beziehungen knüpfen. In der Kraft des Heiligen Geistes Versöhnung und Neubeginn wagen.