Pfarre

Katholische Hochschulgemeinde

Klagenfurt ungebremst - Eine Stadtentwicklungsphantasie

Ansprache zur Thomasmesse am 26. Juni von Architekt Roland Winkler

 (© Foto: KHG)
(© Foto: KHG)

Am Sonntag, den 26. Juni 2016, fand in der Don Bosco Kirche in Klagenfurt wieder die traditionelle Thomasmesse statt. Architekt Dipl. Ing. Roland Winkler hielt die Ansprache zum Thema „Klagenfurt ungebremst – eine Stadtentwicklungsphantasie.“

Hier einige Gedanken aus der Ansprache von Roland Winkler:

 

STADTPLANUNG © Roland Winkler

 

Die Stadtplanung plant die Stadt.
Plant die Stadtplanung die Stadt?
Planiert die Stadtplanung die Stadt?
Plant die Stadt die Stadtplanung?
Was macht die Stadt statt Planung?
Planen Sie die Stadt statt der Stadtplanung?
Die Stadtplanung bannt die Stadtplaner.
Und jeder Städter ist ein Stadtplaner.
Tausende Stadtplanungen liegen in den unteren Schubladen der Stadtplanung.
Schublade statt Planung.
Sie liegen dort, weil sie schlecht sind.
Nicht jede Stadtplanung ist gut.
Nicht jeder Stadtplaner ein Genie.
Die wenigstens – deswegen so viele Schubladen.
Die Stadtplanung selbst plant keine Stadt.
Sie verteidigt sie.
Weil sie gut ist, die Stadt.
Die Alte Stadt.
Die neue Stadt – an den Rändern der alten Stadt – ist nicht so gut.
Sie kann nicht wachsen.
Sie hat´s verlernt.
Sie wird nur – fett.
Sie weiss nicht wie das geht, das Wachsen.
Sie hat es verlernt.
Und die Stadtplaner auch – vor lauter verteidigen des Alten, Schönen.
Das neue – Schiache – ist auch geplant, aber nicht von Stadtplanern.
Statt Planern planen Manager.
Sie managen den Verkauf der Baumassen – früher Häuser.
Das Haus entsteht, damit es verkauft wird, nicht bewohnt.
Die Strasse wird gebaut, damit sie zum Verkaufsobjekt führt, nicht um auf ihr durchdie Stadt zu gehen.
Die Strasse ist die eigentliche Stadt. Sie und der Platz.
Sie sind das Dazwischen.
Das Heim der Städter.
Ihr Wohnzimmer.
Das Haus liegt an der Strasse nicht umgekehrt.
Die Stadt wächst an der Strasse und an ihr die Häuser.
Und wenn die Häuser Platz machen wollen, rücken sie ein wenig auseinander.
Sie verhalten sich zueinander.
Sie haben Haltung.
Wer das nicht checkt baut keine Stadt, sondern einen Haufen Material.

Und jeder baut Stadr. Jeder, der wohnt.
Jeder, der einkäuft.
Jeder, der in die Kirche geht.
Jeder, der baut.
Jeder der ins Auto steigt und zum Supermarkt fährt zerstört die Stadt.
Jeder der sein Interesse vor das Gemeinsame stellt, zerstört die Stadt.
Jeder der sein Haus nicht als Teil, als Baustein der Stadt baut, zerstört sie.
Wir leben in der Stadt und wir sind Stadt.
Was soll da ein Stadtplaner ausrichten -gegen uns.
Jeder will eine andere Stadt.
Eine Fussgängerstadt.
Eine Radfahrerstadt.
Eine Autostadt.
Eine autofreie Stadt.
Eine grüne Stadt.
Eine alte Stadt.
Eine Altstadt.
Eine Einkaufsstadt.
Eine Wohnstadt.
Eine Kulturstadt.
Eine Bildungsstadt.
Eine Familienstadt.
Eine schöne Stadt.
Die Stadtplanung plant die Stadt nicht.
Sie hütet sie.
Der Bürgermeister plant die Stadt nicht – obwohl er möchte.
Aber er weiss nicht wie es geht.
Und wenn er es wüßte, würde die Stadt es ihm verwehren.
Die Stadt will sich selbst planen.
Will wachsen.
Nicht fett werden.
Gelingt ihr nicht.
Sitzt vor dem Fernseher und frißt Chips.
Ist leichter als Diät und Fitness.
Fährt aufs Dach der Cityarkaden anstatt zu Fuss am alten Platz.
Oder trocken in die Tiefgarage im Südpark, als im Regen am Benediktinermarkt.
Die Stadt ist faul.
Sie läßt sich gehen.
Anstatt selbst zu gehen.
Und ihre Faulheit wird sichtbar.
Im Speckgürtel.
Die Stadt – das sind wir.
Die Stadtplanung – sind wir.
Die häßlichen Neubauten – wollen wir.

Wenn wir es nicht wollten, könnten wir sie ja schön bauen – so wie die alte Stadt.
Tun wir nicht.
Tun wir nicht, weil wir es besser können.
Größer.
Wärmer.
Praktischer.
Billiger.
Mit Tiefgarage für heilige Kuh.
Ein fettes Haus.
Eine fette Stadt.
Ein fetter Städter.
Wir wollen es so.
Genau so.
Wir wollen nur trotzdem schön sein.
Schlanke Altstadtgassen.
Enge schattige lauschige Plätze.
Ohne Autos.
Lösung:
wir finden schön, was häßlich ist.
Dann sind wir wieder im Einklang mit unserem Sein.
Und alles ist gut.
Sogar die Stadtplanung.