Pfarre

Villach-St. Nikolai

“Der Mensch lebt und atmet betend”

Im Oktober laden wir täglich von 17.30 - 18.30 Uhr zum Rosenkranzgebet.

"Bete, und du wirst entdecken, dass Beten Sinn hat - und anders als durch Beten wirst du es nie entdecken." (Luise Rinser)

Der Rosenkranz wird in unserer Zeit mit ambivalenten Gefühlen betrachtet. Für viele steht er als Urbild des katholischen Gebetslebens - im Positiven wie im Negativen. Von den einen wird es als ein Gebet verstanden, dass nur leer heruntergerasselt wird, von anderen stellt er eine Möglichkeit der Meditation dar, die immer und überall praktiziert werden kann.

Der Rosenkranz entstand im Hoch- und Spätmittelalter aus dem wiederholenden Gebet des "Vater Unser". Die Form des Ave Maria geht auf Petrus Damiani (um 1006–1072) zurück, der sich auf den Engelsgruß bei der Verkündigung Mariens bezog. In den Klöstern des Mittelalters war es üblich, dass jene Mönche, die nicht lesen oder kein Latein konnten, Ersatzgebete verrichteten. Neben dem Vater Unser (wie auch in den Schriften des Hl. Franziskus) setzte sich auch immer mehr das Ave Maria durch. Die heutige Fassung des Rosenkranzes stammt aus dem Advent 1409, in dem zunächst 50 und dann 15 "Geheimnisse" festgelegt wurden.

Bis in unsere Zeit wurde der Rosenkranz still während der Messe gebetet, da bis zum 2. Vatikanischen Konzil die Liturgische Sprache Latein von den meisten Menschen nicht verstanden wurde. Mit der Liturgiereform entstand der Wunsch nach einer aktiven Teilnahme der Gläubigen an der Messfeier. 

Das Rosenkranzgebet verbindet Marienfrömmigkeit mit Christusfrömmigkeit. Auch wenn die Glaubensgeheimnisse den menschlichen Geist übersteigen, so müssen wir nicht alles begreifen, um es zu glauben, wie auch von Maria gesagt wird: "Sie bewahrte alles, was geschehen war in ihrem Herzen." Das Rosenkranzgebet kommentiert die Heilsgeschichte nicht, sondern es zielt auf Vertiefung ab. Die mystische Tradition des Gebetes kennt den Brauch der "Ruminatio", des fortwährenden Wiederholens eines Bibelwortes oder des Namens Jesu ("Jesusgebet"). Dahinter steht die Erfahrung, dass durch die Wiederholung das Gebet eine Eigendynamik erlangt, die sich in einem vertieften Verstehen und in einer inneren Ruhe zeigt. Durch die Wiederholung bietet das Rosenkranzgebet eine Vertiefung im geistlichen Leben und in den Geheimnissen des Lebens Jesu. Zum anderen ist es eine Möglichkeit, an jedem Ort zu jeder Gelegenheit sich einen Raum des Gebetes und der Sammlung zu schaffen. Sei es beim Wandern, beim Autofahren oder bei der Arbeit am Fließband. Das Rosenkranzgebet ist verstehbar als Mystik im Alltag.

 

Luise Rinser schreibt zum Rosenkranzgebet:

"Wenn Sie dem geliebten Menschen sagen wollen, dass Sie ihn lieben, was er längst weiß, so können Sie es ihm in besonderen Stunden viele Male hintereinander sagen: Ich liebe dich, ich liebe dich... Sie denken nicht darüber nach, Sie fühlen, und in der Wiederholung verdrängt das beschwörende Liebeswort alle anderen Inhalte der Seele, und es bleibt nur Liebe. Die oftmalige Wiederholung weniger Worte bewirkt das Auslöschen des Ich. Wenn ein Mensch unaufhörlich eine Gebetsformel wiederholt, so verdrängt dieses scheinbar mechanische Beten alle weltlichen Gedanken; der Mensch "betet" nicht mehr, er lebt und atmet betend, er ist Gebet. Und so sollte der Mensch leben, in Gott atmend."