Pfarre

Villach-St. Nikolai

Der Kreuzweg der Pfarre St. Nikolai

Menschen am Wegrand

In den Evangelien wird der Weg Jesu hinaus zur Kreuzigungsstätte eher schlicht, ja beinahe nüchtern dargestellt. Die Evangelisten vermeiden jede Dramatisierung; es erscheint, als ob die Hinrichtungsart der Kreuzigung den Menschen jener Zeit noch zu nahe und wohlbekannt gewesen zu sein scheint, als dass man sie hätte ausschmücken müssen.

Der Kreuzweg unserer Kirche ist durchaus beachtenswert und wurde 1895 von Bertha Freiin von Aichlburg gestiftet und vom Bildhauer Franz Schmalzl aus St. Ulrich (bei Gröden) in Südtirol ausgeführt. Er ist aufwändig ausgeführt und bietet die Möglichkeit, einige der Menschen am Rand in den Blick zu nehmen. Die Menschen an der Seite Jesu sind in den Passionsgeschichten meist sprachlos geblieben. Mitleiden lässt verstummen. Nur die Feinde kommen zu Wort (vgl. Ps 22).

Simon von Zyrene (5. Station)

Wir wissen nur, dass er vom Feld kam, als er gezwungen wurde, Jesus das Kreuz nachzutragen (Lk 23, 26). Was er davon hielt oder was er dachte, wissen wir nicht. Der Kreuzweg unserer Kirche zeigt einen Simon, der einen in die Ferne blickenden Jesus aufmerksam in die Augen sieht. Einen Simon, der berührt ist vom Schicksal dieses ihm fremden Menschen. Dabei ist es nicht so wichtig, was damals wirklich geschehen ist, sondern was die Szene dem Betrachter vermittelt. Der Betrachter soll sich fragen, wie es ihm an der Stelle Simons gegangen wäre. „Wenn einer dich zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm!“ (Mt 5,41). Für Simon wie für den Betrachter gilt die Frage des Gesetzeslehrers aus dem Lukasevangelium: „Wer ist mein Nächster?“ (Lk 10,19). Jesus wird durch das Kreuz in den Leidenden der Welt gegenwärtig.

Die Schriftgelehrten

Immer wieder sind sie in den Kreuzwegstationen zu finden, die Schriftgelehrten und Hohenpriester. Erkennbar sind sie an den langen, ehrwürdigen Bärten und an der Schriftrolle in der Hand. Immer wieder ist ein ausgestreckter Zeigefinger zu finden. Der ausgestreckte Zeigefinger stellt bloß, weist Schuld zu. Kleriker sind es, gebildete Männer in Schrift und Gesetz, die das Todesurteil betreiben. Und dabei sind sie es, die in der 8. und 11. Station die Beschriftung INRI tragen, das Zeugnis wider Willen, dass der Mann am Kreuz der König der Juden, der Messias ist.

Die Schergen

Wer sind jene Menschen, die Knüppel und Geisel schwingen? Wer waren die Henker? Wie dachten sie, über das, was sie taten?

Die namenlosen Mitläufer

Namenlose Menschen sind es, die zuschauen.  Sie sind wohl nicht das, was man böse Menschen nennt, doch es sind Menschen, die a „Hetz“ (Zitat Helmut Qualtinger aus „Der Herr Karl“) am Leid eines Hingerichteten haben. Wenn Unrecht geschieht, gibt es in der Regel nur wenige Täter und Rädelsführer im engeren Sinne, aber viele Zuschauer, die nicht eingreifen, die das Unrecht erst möglich machen und dadurch zu Mittätern werden. So war es zur Zeit Jesu, so war es bei den Pogromen zur Zeit des Nationalsozialismus, so wird es immer sein, wo Unrecht geschieht.

Weinende Frauen

Nicht nur an der 8. Station werden weinende Frauen gezeigt. Auch sie sagen nichts. Tränen sind ein Zeichen der Ohnmacht. Doch zugleich eines der wenigen Zeichen des Protests am Wegrand des Leidens Jesu.

Der römische Hauptmann

Bereits bei der Verurteilung wird ein Soldat mit Lanze gezeigt. Auch wenn es nicht sicher auszumachen ist, so scheint es, dass er immer wieder an den verschiedenen Kreuzwegstationen auftritt. Beim Tod Jesu wird er sagen: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“ (Mk 15,39) In den Evangelien hören wir danach nichts mehr von ihm, doch er zeigt: Es ist nicht viel, das es zur Umkehr braucht.

Beim Beten des Kreuzweges in der Fastenzeit besteht die Möglichkeit diesmal besonders auf die Menschen am Rande zu schauen und sich zu fragen: Wo auf diesen Bildern stehe ich? Wo versagte ich angesichts des Unrechts? Wo erlebte ich Mitleid und Barmherzigkeit? Wo bin ich Gott in den Schwachen begegnet? „Kehr um und glaube das Evangelium.“ (Mk 1,15). Es sind ersten Worte Jesu im Markusevangelium, in der Liturgie gesprochen am Aschermittwoch, unser Programm für die Fastenzeit.

In diesem Sinne laden wir herzlich zur gemeinsamen Betrachtung des Kreuzweges Jesu jeden Donnerstag um 18.30 Uhr ein.