Pfarre / Fara

Mieger/Medgorje

Leben mit Glauben, Leben ohne Glauben

Vortrag von P. Mag. Dr. Reinhold Ettel SJ

Am 22.10.2014 hielt Pater Dr. Reinhold Ettel im Pfarrgemeindehaus Mieger einen Vortrag zum Thema  „Leben mit Glauben, Leben ohne Glauben“.

Wenn wir den Glauben der früheren Generationen ansehen, war der Jahresablauf geprägt von den Traditionen des Kirchenjahres. Es hat sich schon in der Zwischenkriegszeit ein Glaubensabfall angekündigt, teilweise waren es die Auswirkungen des Krieges, die die Menschen verbitterten. Glauben hieß, für wahr halten, was die Kirche lehrt. Katechismuswissen war gefragt.

Es gab auch die Selbstverständlichkeit der Taufe, jedoch tritt das Taufbewusstsein, das Wissen, was bei der Taufe passiert und wozu sie dient, immer mehr in den Hintergrund. Die Eltern können die Kinder nicht mehr in den Glauben hinein führen, da das Wissen darüber und die Praxis dazu fehlen.

In der heutigen Zeit hat sich das Selbstbewusstsein der Menschen verändert.

Tempo, Technik und Wohlstand machen Lust auf mehr, schneller, besser.

Dankbarkeit ist nicht mehr ausgeprägt, man stellt die Frage, brauche ich einen Gott dazu?

Leben, Wirken und Arbeiten, auch im öffentlichen Leben finden statt, als gäbe es Gott nicht.

Gott ist ein Reservat. Er wird bei Festlichkeiten, bei den Sakramenten, in Krankheit und in Not hervorgeholt, sonst ist er im Leben ausgeklammert.

Auch in der Kirche gibt es ein Leistungsdenken und die Dankbarkeit tritt in den Hintergrund. Jedes Fest muss besser werden, die Reingewinne müssen passen.

Irgendeinen Glauben hat man schon. Es ist unglaublich, woran Ungläubige alles glauben, um nicht glauben zu müssen.

Wenn man vom Glauben spricht,

  • Glaubt man an etwas Höheres, ein höheres Wesen, man kann aber nichts darüber sagen und nichts darüber wissen (Agnostiker)
  •  Pflegt viel Brauchtum ohne die religiösen Inhalte, Erntedankfeste ohne religiöse Hintergründe, wichtig ist  das zu Allerheiligen und Allerseelen auf Grab genug Weihwasser gespritzt wird, das der Osterschinken bei der Speisensegnung genug Weihwasser abbekommt.
  • Klammert man sich an Kindheitserinnerungen und fängt dann irgendwann mit dem kindlichen Glauben, den kindlichen Gebeten nichts mehr an, weil man sich nicht weiter entwickelt hat.

 

Die Adventzeit als stillste Zeit wird zur hektischsten Zeit des Jahres. Das Innehalten ist sehr schwer geworden. Weihnachten ist zum Familienfest geworden. Inhalt und Sinn sind verloren gegangen.

Die Frage nach dem Glauben führt auch zu den Fragen, sind doch alle Religionen gleich? Und glauben doch alle an denselben Gott?

Und das führt wiederum zum Auswahlglauben. Aus jeder Religion werden die passenden Stücke übernommen, jeder glaubt nach seiner Facon.

Kardinal König hat gesagt, wir glauben alle an einen Gott, Juden und Muslime aber am Kreuz vorbei.

So wird oft die Verantwortung vor Gott ausgeklammert, die strengen und unangenehmen Teile werden weggelassen.

 

Das Leben mit Gott im Christlichen Glauben hat eine andere Dimension.

 

Gott ist Liebe und er liebt jeden Menschen. Wenn ich sage ich glaube dir, so lasse ich mich auf den anderen ein, vertraue ihm. Es gibt mir Halt. Das gilt auch für die Beziehung zu Gott.

Seit dem 2. Vatikanischen Konzil hat sich der Fokus vom Lehramtsglauben dahin gehend geändert, dass Glauben zur Herzensfrage wurde. Wie lässt sich der einzelne Mensch auf Gott ein, vertraut er Gott, es wird eine Beziehung zu Gott aufgebaut. Der Glaube ist eine Herzensentscheidung,  mit der ich mich auf Gott, das DU, das sich Gott nennt, einlasse.

Wir portionieren unsere Liebe, je nach Sympathie und Wohlgefallen. Wir empfangen die Liebe von den Menschen auch portionsweise.

Gott jedoch ist Liebe, er kann nicht anders als lieben und das ohne Unterschied und ohne die Frage, ob mach sich diese Liebe verdient hat  und er wendet sich nicht von uns ab. Das ist die Glaubensproblematik, dass wir es so nicht annehmen und glauben können. Auch unverheiratete Paare werden von Gott geliebt (Papst Franziskus)

 

Gott ist da und immer schon gegenwärtig mit jedem einzelnen als Schöpfer.

 

Der Mensch als Gottes Ebenbild, von Gott geliebt, persönlich beim Namen angesprochen, eingeladen. Die Würde und der Wert des Menschen kommt von dem, der uns Würde und Wert gibt, nicht von dem, was er leistet.

Jesus von Nazareth als Gott und Mensch sollte die Liebe Gottes unter uns erfahrbar machen. Schon von Anfang an hatte er Gegner und blieb bis ans Kreuz der Liebende. Durch seine Liebe, die auch dem Kreuz nicht ausgewichen ist, hat er uns erlöst. Der Auferstandene ist der gleiche, wie der, der ans Kreuz ging. Die Aussagen, wir sind erlöst durch sein Blut und sein Kreuz ist zu eng gesehen. Der Glaube der Apostel war ein Glaube an den Auferstandenen. Bei der Wahl des 12. Apostels nach dem Ausscheiden Judas suchten sie einen Nachfolger, der Zeuge der Auferstehung war (Apostelgeschichte 1,22) und Paulus Bekehrung ging eine  Begegnung mit dem Auferstandenen voraus. Damit ist die Kernbotschaft: der Auferstandene.

Christ sein heißt auch, leben aus dem Vertrauen, Gott ist mit mir und ich antworte mit meiner Lebensführung darauf.

Mit Gott leben heißt

  • Such zuerst das Reich Gottes, das sollte DIE Priorität sein
  • Rückhalt finden –> re-ligio
  • Einen Horizont für sein Leben haben
  •  Das Leben bejahen, Freude am Leben haben
  • Halt und Trost in Leid und Not finden
  • Beheimatung in einer Gemeinschaft finden („dazu gehören“)
  • Im Leben mit dem Glauben wachsen.

Im Leben mit dem Glauben wachsen bedeutet:

  • Sich um den Glauben an Gott bemühen, darin Glaube, Hoffnung und Liebe finden. (Glaube=Gnade). Früchte bringen.
  • Den Glauben mit einander FEIERN – Sakramente, Sonntag, das Kirchenjahr mit den Botschaften des Glaubens.  Besonders das Sakrament der Versöhnung FEIERN. Als Feier der Vergebung Gottes. Den Sonntag als Tag der Ruhe, als Geschenk Gottes feiern. Wenn wir das Kirchenjahr feiern, so ist das wie beim Baum mit den Jahresringen. Jedes Jahr wird er dicker. Jedes Jahr wächst der Glaube und die Beziehung zu Gott.
  • Beten. Das ist die Beziehungspflege zu Gott. Als persönliches Gebet (im stillen Kämmerlein) und in der Gemeinschaft (liturgisch)
  • Rituale, Brauchtum und Tradition pflegen.

 

Es war ein wunderbarer Vortrag, der eine Fülle an Informationen bot und den christlichen Glauben ins richtige Licht rückte. Viele falsche Denkansätze und mangelndes Verständnis wurden angesprochen und so war der Vortrag von der ersten bis zu letzten Minute spannend und ein Erlebnis.

Vielen Dank, Dr. Ettel