Pfarre

Maria Saal

Em. Bischof Kapellari: Kein blauäugiger, sondern realistischer Idealismus im Umgang mit Flüchtlingen

Modestusfest in Maria Saal mit Vortrag und Festgottesdienst mit dem em. Grazer Diözesanbischof

Der em. Grazer Diözesanbischof Kapellari sprach im Rahmen des Modestusfestes in Maria Saal zum Thema „Christ sein in einer Zeit großer Umbrüche“.   (© Foto: Pressestelle/Eggenberger)
Der em. Grazer Diözesanbischof Kapellari sprach im Rahmen des Modestusfestes in Maria Saal zum Thema „Christ sein in einer Zeit großer Umbrüche“. (© Foto: Pressestelle/Eggenberger)

Klagenfurt, 21. 11. 15 (pgk). Im Umgang mit Flüchtlingen sei nicht ein blauäugiger, sondern ein realistischer Idealismus notwendig, sagte der emeritierte Grazer Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari Freitagabend bei seinem Vortrag zum Thema „Christ sein in einer Zeit großer Umbrüche“ im Rahmen des Modestusfestes in der Pfarre Maria Saal. Es bestehe, so Bischof Kapellari, ansonsten die Gefahr, dass die „höchst erfreuliche Welle von Solidarität und Empathie in der Zivilgesellschaft und besonders auch in den Kirchen“ in Aggression und Depression umschlage. Die lange voraussehbare große Welle von Migration sei im öffentlichen Diskurs weitgehend verdrängt worden. „Nun wird diese offene Rechnung dramatisch präsentiert“, so Bischof Kapellari. Die meisten in Politik, Medien, aber auch in Religionsgemeinschaften davon Betroffenen würden dieser komplexen Gesamtsituation aber nur mit einer selektiven Wahrnehmung, „also mit einem nicht ausreichenden Blick auf das Ganze“, begegnen. Denk- und Redeverbote betreffend die Gesamtkomplexität der Situation im Namen einer, wenn auch gut gemeinten, „political correctness“ würden lediglich in Sackgassen führen. Angesichts der gegenwärtigen Situation könne jeder Mensch guten Willens immer Gutes tun, auch wenn er keine großen Hebel zur Verfügung habe. „Und wer überhaupt nichts Gutes tut, auch bis es ihm schon etwas weh tut, der sollte im öffentlichen Diskurs schweigen“, fordert der emeritierte Grazer Bischof. In seinem Vortrag nahm der emeritierte Grazer Diözesanbischof auch Bezug auf das Verhältnis der Katholischen Kirche zu den nicht christlichen Religionen. Die diesbezügliche Erklärung des Zweiten Vaticanums mit dem Titel „Nostra aetate“ dokumentiere eine radikale Blickumkehr, „die freilich immer wieder einer Aktualisierung bedarf“. Mit dem Judentum sei das Christentum am „stärksten und fundamentalsten“ verbunden. Ein neuer Antisemitismus, besonders auch in Deutschland und in Frankreich, nehme daher die Christenheit in die besondere Pflicht, sich dagegen auch öffentlich zur Wehr zu setzen. Die Position des Islam habe sich seit dem Konzil weltweit und besonders auch in Europa stark verändert. In seiner Vielgestaltigkeit und angesichts islamistischer Radikalisierungen bis hin zu einem mörderischen Terrorismus, der sich auf den Islam berufe, aber zugleich stärkster Ablehnung durch viele Muslime begegne, gebe der neu erstarkte Islam sich selbst und der übrigen Welt Fragen auf, „die nicht simpel harmonisch beantwortet werden können“. Die jüngsten Anschläge in Paris bezeichnete Bischof Kapellari als „bestialischen Terrorismus“, der bei vielen Menschen Furcht, Depression, Aggression oder Resignation auslöse. Gleichzeitig würden auch neue Kräfte zur Hoffnung, zur Gestaltung von Kultur, Wissenschaft, Politik und auch Religion aufgeweckt werden. Spannungen und Konflikte betreffend den Islam dürften nicht klein geredet werden. „Das löst keine Probleme, sondern liefert Wasser für die Mühlen von Populisten, die sich schrecklicher Vereinfachungen bedienen“, so Bischof Kapellari. Die Katholische Kirche werde sich mit allen Kräften für einen interreligiösen Frieden auf der Basis von Ehrlichkeit, Fairness und Reziprozität einsetzen müssen. 

Bezugnehmend auf die Situation der Katholischen Kirche meinte Bischof Kapellari, dass diese in der Spannung zwischen „Breite und Tiefe, zwischen Heiligkeit und Sünde, zwischen Stärke und Schwäche“ stehe. Sie sollte den Verlust an Breite in Österreich in den letzten Jahren nicht passiv hinnehmen, könne aber im Ganzen nur breit sein, „wenn sie zugleich eine starke dynamische Mitte hat und dort mit tiefen Wurzeln im Quellgrund des Glaubens verankert ist“. Von Papst Franziskus gehe viel Inspiration und Kraft aus, auch das Erbe von Papst Benedikt XVI. sei ein weiter wirkender Sauerteig. Bischof Kapellari äußerte die Hoffnung, dass „angesichts von viel Nebeneinander, Gegeneinander und Durcheinander in der Zivilgesellschaft“ das Miteinander in der Kirche und damit verbunden auch in der Zivilgesellschaft gestärkt werden könne. 

Am Sonntag, dem 22. November, feiert der emeritierte Grazer Diözesanbischof, der von 1981 bis 2001 Bischof der Diözese Gurk war, um 10 Uhr einen Festgottesdienst im Dom zu Maria Saal. Musikalisch mitgestaltet wird die heilige Messe von der Kantorei Maria Saal (Leitung: Ingrid Klogger) mit der „Missa prima“ von Claudio Crassini. Außerdem wird das Lied „Du strahlst ins Leben“ von Günther Antesberger (Text: Bernhard Wallner) uraufgeführt werden. Nach dem Gottesdienst laden die Pfarre Maria Saal und der Domverein zu einer Agape am Domplatz ein.