Organisation

Caritas Kärnten

„Knüpfen wir gemeinsam am Netz der Solidarität“

Ein Interview mit Caritasdirektor Marketz zum Caritassonntag 2018

Das Interview führte Ingrid Worofka

Caritasdirektor Josef Marketz über das neue Leitbild der Hilfs- und Dienstleistungsorganisation der Katholischen Kirche, den rauen politischen Wind, der den Schwächsten im Land entgegen bläst, und die Einladung an Pfarren & Co, Mitglieder und MitgestalterInnen der Caritas Kärnten zu werden.   (© Foto: Caritas Kärnten)
Caritasdirektor Josef Marketz über das neue Leitbild der Hilfs- und Dienstleistungsorganisation der Katholischen Kirche, den rauen politischen Wind, der den Schwächsten im Land entgegen bläst, und die Einladung an Pfarren & Co, Mitglieder und MitgestalterInnen der Caritas Kärnten zu werden. (© Foto: Caritas Kärnten)
Caritasdirektor Dr. Josef Marketz präsentiert das neue Leitbild (© Foto: Caritas Kärnten)
Caritasdirektor Dr. Josef Marketz präsentiert das neue Leitbild (© Foto: Caritas Kärnten)

Kärnten verfügt bereits über ein recht dichtes Netz der Solidarität. Warum laden Sie ausgerechnet jetzt die Menschen dazu ein, dieses noch zu vergrößern und in Gemeinsamkeit daran zu knüpfen?
MARKETZ: Weil wir aus der vielschichtigen Arbeit der Caritas wissen, dass es in Zukunft immer mehr Menschen geben wird, denen ein würdevolles Leben nur durch die Hilfe von anderen zuteilwerden kann. Das hat viel mit der gesellschaftlichen und zuletzt verstärkt mit der politischen Entwicklung zu tun.   

Der Wind wird rau: Die Bundesregierung hat Sparmaßnahmen im Sozialbereich angekündigt. Sie ließen deshalb erst kürzlich mit den anderen acht diözesanen CaritasdirektorInnen die Alarmglocken läuten. Fürchten Sie den Sturm für die Not leidenden und an den gesellschaftlichen Rand gedrängten Menschen?
MARKETZ: In der Tat. Die Kürzungen bei älteren und langzeitarbeitslosen Menschen, aber auch die Ankündigungen, die Notstandshilfe abschaffen und die Mindestsicherung für die Schwächsten im Land schmälern zu wollen, sind zutiefst besorgniserregend. Kürzungen wie diese könnten den sozialen Frieden in Österreich und damit auch in Kärnten nachhaltig gefährden. Der Druck auf jene, die heute bereits am stärksten von Armut betroffen sind, darf in Zukunft nicht noch weiter steigen.

Was, wenn er es dennoch tut?
MARKETZ:  Unabhängig davon, ob der Druck steigt, werden wir als Caritas uns weiterhin für die Armen und Bedrängten mit voller Kraft einsetzen und ihnen mit unserem vielseitigen Angebot helfen. Darüber hinaus laden wir RepräsentantInnen der römisch-katholischen Pfarren, von kirchennahen Organisationen, Vereinen und NGOs, die sich vor Ort in Eigenverantwortung sozial-karitativ engagieren, herzlich dazu ein, bei uns Mitglieder zu werden, unser Wirken über die Mitgliederversammlung kennenzulernen und die Caritas mitzugestalten. Wir haben seit vergangenem November neben einem neuen Vorstand auch neue Statuten. Diese sehen eine Mitgliedschaft ausdrücklich vor.

Was hat man von einer Mitgliedschaft bei der Caritas?
MARKETZ:  Mit der Caritas gewinnen Mitglieder eine unkomplizierte, wirkungsvolle Partnerin und Know how-Lieferantin, die diese nach besten Kräften unterstützt und fördert.  Die Caritas ist mit ihren fast 97 Jahren als Organisation sehr anerkannt. Es braucht aber wieder ein noch dichteres Netz der Solidarität in unserer Diözese. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit den Pfarren, Vereinen und/oder engagierten Menschen viele kleine Knotenpunkte knüpfen und so gemeinsam Männern und Frauen in Not bestmöglich helfen können. Wir haben deshalb in der Caritas auch extra eine neue PfarrCaritas-Mitarbeiterin angestellt. 

Die jetzige Initiative erinnert an die Anfänge der Caritas.
MARKETZ:  Ja, wir besinnen uns unserer Wurzeln.  1921 ist der Caritasverband als Verband von kirchlichen Hilfsorganisationen mit großen Pfarren, Ordensgemeinschaften und Sozialvereinen gegründet worden. Auch viele kleine Organisationen haben ihn zu einer starken Kraft der Solidarität wachsen lassen. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich unter Viktor Omelko die Caritas Kärnten als große Sammelorganisation entwickelt. Alsbald gab es zwei Standbeine – da die Bereiche Menschen in Not und Katastrophenhilfe, dort den Dienstleistungsbereich für Menschen im Alter, Menschen mit Behinderung und für Kinder. Die gemeinsame Klammer bilde(t)en damals wie heute die christlichen, kirchlichen Ideale. 

Die Caritas will also mit Pfarren & Co wieder Hand in Hand gehen. Warum?
MARKETZ: Viele Nöte entstehen draußen vor Ort. Wie wir aus Erfahrung wissen, drängen aber gerade Menschen, die unter akuter finanzieller Not leiden, oft in die Stadt. Wenn diese zumeist alleinstehende sowie ältere Menschen, (Langzeit-)Arbeitslose  und AlleinerzieherInnen unsere Sozialberatung in Klagenfurt aufsuchen, ist ein Entkommen aus der Abwärtsspirale oft kaum mehr möglich. Sie fallen dann sehr tief. Die Pfarren könnten jedoch die Hilfesuchenden gut auffangen und begleiten. Das funktioniert am besten vor Ort, wo man sich gegenseitig kennt. Wir als Caritas könnten in beratender Funktion zur Stelle sein und die Menschen zur Selbsthilfe anleiten.    

Inwiefern kann die Caritas sonst noch Partnerin sein?
MARKETZ: Wenn jemand beispielsweise einen Kleiderladen aufmachen möchte, dann unterstützen wir ihn mit unserem Know how. Pfarren könnten auch wieder Kleider sammeln, wir übernehmen diese dann.

Die Caritas Kärnten hat ein neues Leitbild. Wozu gibt es dieses?
MARKETZ: Wir wollen möglichst viele Menschen mit unserer Arbeit vertraut machen und ihnen mit dem Leitbild, das wir gemeinsam mit Caritas-MitarbeiterInnen formuliert haben, unser Denken, Wirken und Handeln erklären. Wir haben es jetzt veröffentlicht, damit sich jeder damit identifizieren und jeder, der unsere Dienste in Anspruch nimmt, daran orientieren kann. Das Leitbild enthält die Fundamente von christlich-sozialem Leben. In der Mission geht es um den konkreten Auftrag der Caritas. Wir wollen anwaltschaftlich auftreten, den Armen dienen und uns für Solidarität und Gerechtigkeit in der Welt einsetzen.

 

 

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