„Herausforderung Migration“

Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Veranstaltungsreihe zu Flucht und Migration

Am vergangenen Freitag, den 14. Oktober 2016, startete die kphe Kärnten ihre Veranstaltungsreihe „Herausforderung Migration“ mit einer überaus gut besuchten Podiumsdiskussion. Nach der Einleitung von Rektor Franjo Vidović und den Grußworten von Frau LAbg. Ines Obex-Mischitz leitete Moderator Jochen Bendele schwungvoll durch den Abend und ließ die Expertin und Experten am Podium ihren beruflichen Alltag, aber auch ihre persönlichen Zugänge zum Thema Flucht und Migration schildern.

Caritas-Direktor Josef Marketz wies darauf hin, dass das Flüchtlingsproblem medial überbewertet sei und es nur einen Teilbereich von vielen in der Arbeit der Caritas darstelle. Die häufig verbreitete Angst, dass Flüchtlinge den Einheimischen Jobs wegschnappen würden, relativierte er mit Hinweis auf die generell problematische Arbeitsmarktsituation, die unabhängig von der Flüchtlingssituation strukturelle Schwierigkeiten habe. 

Volksschuldirektorin Ilse Fina – sie leitet in St. Ruprecht eine Schule mit 90% an Schülern und Schülerinnen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist – schilderte Aspekte ihres langjährigen Projekt der „Friedenspädagogik“ an ihrer Schule, das den Kindern eine Eintrittskultur in die österreichische Gesellschaft vermitteln soll und hohen Wert auf wertschätzende Umgangsformen legt, die mitunter kompromisslos eingefordert werden müssen. Fina wies auf die dramatische Tatsache hin, dass im Kontext des Jugoslawienkrieges Kinder unterschiedlicher Kriegsparteien die Schulbank teilten und nun die Eltern syrischer Flüchtlingskinder häufig gar nicht wüssten, warum in ihrer Heimat Krieg ist.

Der Pressesprecher der Landespolizeidirektion Kärnten, Rainer Dionisio, beruhigte angesichts so mancher medialer Aufregung über die Sicherheitslage im Land. In Kärnten sei die Situation ruhig und entspannt, Konflikte mit Flüchtlingen seien vereinzelt untereinander, zwischen unterschiedlichen Herkunftsnationalitäten zu beobachten. Dionisio bedauerte, dass seine Arbeit vielfach aus Richtigstellungen medialer und politischer Panikmache bestünde.

Als Vertreter der muslimischen Sicht konnte Emir Memić gewonnen werden, der sich in der muslimischen Gemeinde in Spittal an der Drau engagiert und in unterschiedlichen Sozialprojekten tätig ist. Er hat bosnischen Migrationshintergrund und berichtete von seinen Erfahrungen mit Integration in Österreich durchwegs positiv. Radikalisierungstendenzen unter muslimischen Jugendlichen konnte er in seinem Umkreis bislang nicht erkennen.

Schließlich konnte auch Hochschulseelsorger Hans-Peter Premur Optimismus verbreiten und „Lust auf Gerechtigkeit“ machen. Seine Initiative beschäftigt sich seit langem – nicht nur – mit Kennenlern-Veranstaltungen, in denen bspw. beim gemeinsamen Kochen, Tanzen oder Musikmachen Einheimische in unkomplizierten Kontakt mit Flüchtlingen gelangen und schließlich Ängste und Vorurteile abgebaut werden. Er lud alle Zuhörenden ein, den Kontakt mit Flüchtlingen zu suchen, sofern dies nicht ohnehin der Fall sei, und sich auf bereichernde Begegnungen einzulassen.

So verlief die Podiumsdiskussion ungewöhnlich konsensorientiert, was freilich nicht allen Besuchern und Besucherinnen geheuer war. Von Seiten der kphe sollte damit ein Zeichen gesetzt werden, dass es längst an der Zeit ist, über so emotional berührende Themen wie Flucht und Migration auch sachlich und konstruktiv diskutieren zu müssen. Politisches oder mediales Kleingeld wurde also nicht gemacht, dafür ein Schritt in eine vernünftige Richtung.

Johannes Thonhauser