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Katholisches Familienwerk

Gefangen in der Armutsfalle?

Statistik Austria veröffentlicht erschütternde Zahlen über soziales Ungleichgewicht in Österreich.

Nur ein Wunsch? Chancengleichheit bei Kindern. (© Foto: Katharina Binder)
Nur ein Wunsch? Chancengleichheit bei Kindern. (© Foto: Katharina Binder)

Unglaubliche 400 000 Kinder und Jugendliche in Österreich sitzen laut einer aktuellen Studie der Statistik Austria in der Armutsfalle fest. Sie laufen Gefahr, sozial ausgegrenzt zu werden und sind von zentralen Lebensbereichen ausgeschlossen.

Diese erschütternden Zahlen sind äußerlich schwer wahrnehmbar. Eine sehr „konsumfreundliche“ Wirtschaft sorgt dafür, dass praktisch alle wichtigen Statussymbole „auf Pump“ angeschafft werden können. Gezahlt werden müssen sie trotzdem irgendwann, und das dreht die Armutsspirale noch schneller nach unten.

Viel schlimmer ist aber der Umstand, dass Armut ganz offensichtlich weitervererbt wird und gefährdete Kinder gar nicht die Chance bekommen, den Teufelskreis zu durchbrechen.

Sozial benachteiligte Kinder nehmen ihre Lage zwar anders wahr als Erwachsene, spüren ihre besondere Situation aber sehr wohl. Besonders auffallende Symptome sind Mangelernährung, langsamere Entwicklung bei Sprache und Bewegung, Vernachlässigung auf der Gefühlsebene sowie Scham- und Minderwertigkeitsgefühle. Fehlt die Selbstreflexion innerhalb der Familie, ist der Umgang mit Armut noch problematischer. In solchen Familien wird versucht, eine heile Welt vorzugaukeln und nach außen hin völlig unauffällig zu leben.

Gibt es überhaupt Bewältigungsstrategien gegen die Armut? Ja, und sie müssen auf mehreren Ebenen erfolgen. Gefordert sind nicht nur die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, sondern auch die Bildungs-, Familien- und Wohnbaupolitik. In erster Linie muss der Vererbung der Armut von den Eltern auf die Kinder entgegengewirkt werden: Es ist höchster Wert auf bestmögliche Chancengleichheit im Bildungsbereich zu legen und für mehr Lehrstellen zu sorgen! Auch müssen unbedingt Maßnahmen gesetzt werden, um die Erwerbstätigkeit alleinerziehender Frauen und mehr bzw. flexiblere Kinderbetreuungsangebote zu fördern.

An wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen wären die Lohnsteuersenkung bei Niedriglöhnen und die gerechtere Verteilung der Einkommen hilfreich. Gerade im Lohnbereich muss das Solidaritätsprinzip vehement eingefordert werden. Ein wesentlicher Bereich ist die leichtfertige Vergabe von Krediten, die bereits Jugendliche in die Schuldenfalle tappen lässt. Die Aufklärung darüber sollte schon in der Schule beginnen und auch die Erziehungsberechtigten mit einschließen sollte (z.B. im Bereich der Elternbildung).

Bei der Bekämpfung der Armut in Familien sind die Leistungen der öffentlichen Hand extrem wichtig. Ohne Sozialtransfers wären in Österreich beispielsweise 55 % aller AlleinerzieherInnen armutsgefährdet! Einsparungsmaßnahmen im Sozialbereich bewirken auf lange Sicht genau das Gegenteil und können daher niemals zur Sanierung des Staatshaushaltes beitragen!

Unsere Armut in Österreich ist vergleichsweise noch immer sehr relativ, für die Betroffenen aber demütigend genug. Es gilt vor allem aber auch gegen eine seelische Armut anzukämpfen, welche durch einen Mangel an Mitgefühl und Solidarität gekennzeichnet ist. Wohlhabend kann ein Staat erst dann sein, wenn auch das schwächste Glied unserer Gesellschaft davon profitiert!

 

Mag. Wolfgang Unterlercher, Katholisches Familienwerk Kärnten