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Katholischer Akademikerverband

Viva Arte Viva

„Es lebe die Kunst - die Kunst lebt“, heißt das Motto der 57. Kunst-Biennale in Venedig

Besuch der 57. Kunst-Biennale in Venedig (© Foto: KH Kronawetter)
Besuch der 57. Kunst-Biennale in Venedig (© Foto: KH Kronawetter)

Wo beginnen? – In den Giardini, mit den auch in architektonischer Hinsicht beeindruckenden Länderpavillons oder doch im Arsenale, wo sich der Großteil der von der französischen Kuratorin Christine Macel zusammengestellten Hauptausstellung zum Thema „Viva Arte Viva“ zu sehen ist? Einen Tag auf der 57. Kunst-Biennale in Venedig verbringen, das heißt auch: effiziente Wege suchen, einen langen Atem haben und vor allem gute körperliche Kondition mitbringen. Und dieser Einsatz wird belohnt, denn auch in diesem Jahr sind wieder einige KAV-Vorstandsmitglieder und Freunde gesättigt mit vielen Eindrücken von der ältesten Kunstausstellung mit Weltformat aus der Lagunenstadt heimgekehrt.

Alle sprechen vom deutschen Ausstellungsbeitrag. Zurecht, denn Anne Imhof hat mit ihrer doppelbödigen Installation im deutschen Pavillon - die Betrachter wandeln auf einem eingezogenen Glasboden wie auf dünnem Eis - einen Blick in oft ausgeblendete Zonen der Unterwelt ermöglicht. Eine unter dem Titel „Faust“ täglich aufgeführte Live-Performance thematisiert menschliche Lebensbedingungen zwischen Macht- und Ohnmacht, Widerstand und Freiheit. Weiters zu sehen sind Arbeiten von Franz Erhard Walther, der auch noch mit größeren Werken in der Hauptausstellung vertreten ist.

Während bei der Live-Performance die anwesenden Menschenscharen den Raum sehr eng machen, sind es im benachbarten Pavillon der Briten die von der 73-jährigen Phyllida Barlows geschaffenen Konstruktionen selbst, die sich des Raumes bemächtigen. Gleich hinter dem Eingang betritt der Besucher eine beindruckende Säulenhalle, die seinen Blick nach oben zieht. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die aus einfachen Materialen gestalteten Objekte Zerstörungen aufweisen, Risse und Spalte. Ein russischer Ausstellungsbetrag von Grisha Bruskin thematisiert Gleichschaltung und Gewalt. Hier werden Menschen vor dem russischen Doppeladler auf Linie und in Form gebracht. Im Untergeschoss des Pavillons können sog. „Blocked Persons“, die wie Prometheus am bzw. im Fels gefesselt sind, mittels einer Virtual-Reality-App „befreit“ werden. Großartig ist auch der japanische Beitrag zu dieser Welt-Kunst-Schau: Takahiro Iwasaki bietet dem Betrachter zwei grundlegend verschiedene Perspektiven auf seine Werke an. So kann er wie mit einem U-Boot-Persikop durch ein Loch in der Mitte des Ausstellungsraumes einen Rundumblick in ein futuristisches Raumszenario werfen, das an Science-Fiction-Filme erinnert: Dunkle Industrielandschaften sind zu sehen und in der Luft schwebende Paläste, die jeweils an ihrer Basis gespiegelt doppelt aufgebaut sind. Wenn der Betrachter in einem zweiten Schritt dann den großen Ausstellungssaal direkt betritt, nimmt er gleichsam eine Gegenposition ein: Das vorher Große wird klein und die schwebenden Objekte im Hintergrund können ganz nahe betrachtet werden.

Religiöse Fragen werden in vielen künstlerischen Beiträgen aufgeworfen. Deutlich sichtbar wird dies im Ausstellungspavillon der Insel Malta, wo Austin Camilleri einen großformatigen Rosenkranz aus faustgroßen Aluminium-Köpfen präsentiert. Auch die Beiträge der anderen Maltesischen Künstler kontrastieren die große christliche Vergangenheit der Mittelmeerinsel mit dem säkularisierten Way of Life des 21. Jahrhunderts. Verstörend wirkt der italienische Beitrag von Roberto Cuoghi, der eine kleine Fabrik aufbaut, in der Jesusfiguren in Lebensgröße gegossen werden, die dann in aufblasbaren Zelten verrotten. Das ganz findet in einer großen dunklen Halle statt.

Auffallend ist, dass nach dem viel beachteten Einstieg im Jahr 2013 und der Teilnahme 2015, der Vatikan („Santa Sede“) in diesem Jahr nicht mehr bei der Biennale vertreten ist. Sehr wohl jedoch Österreich, vor dessen Pavillon eine Skulptur von Erwin Wurm bei Fotografen für erhöhte Aufmerksamkeit sorgt. Ein auf die Schnauze gestellter Kleinlastwagen, der als Aussichtsplattform Überblick verschaffen soll, will wohl auch an Schlepper-Tragödien erinnern. Im Pavillon selbst - der 1934 nach Entwürfen von Josef Hoffmann erbaut wurde - ist ein begehbarer Wohnwagen ausgestellt, der die oft sehr kleine Welt touristisch Reisender zeigt. Im Zubau zeigt die Wiener Künstlerin Brigitte Kowanz sinnlich ansprechende Lichtskulpturen, die die Betrachter mit ins Werk nehmen, indem sie ihr Licht auf sie werfen.

Noch sehr beindruckend sind u.a: der Korea-Pavillon, ein Breitband-Videobetrag aus Neuseeland und die große China-Halle, in der auf besonders gelungene Weise ein Brückenschlag zwischen alten und neuen Kunsttraditionen dieses großen Landes gelingt. Vielleicht sollten für den nächsten Biennale-Ausflug doch zwei oder mehrere Tage an Zeit reserviert werden … (KHK)

NB: Die 57. Biennale di Venzia hat noch bis 26. November geöffnet.