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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Wir Bauern kämpfen für die höchste Qualität

Johann Mößler, Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten, im "Sonntag"-Gespräch

Der Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten zur Lage der Kärntner Bauern, Gefahren durch die Liberalisierung des LEbensmittelmarktes und den Klimawandel

Johann Mößler, der Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten, im SONNTAG-Gespräch zur Lage der Kärntner Bauern, Gefahren durch die Liberalisierung des Lebensmittelmarktes und den Klimawandel (© Foto: Landwirtschaftskammer / Bauer)
Johann Mößler, der Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten, im SONNTAG-Gespräch zur Lage der Kärntner Bauern, Gefahren durch die Liberalisierung des Lebensmittelmarktes und den Klimawandel (© Foto: Landwirtschaftskammer / Bauer)

Wintereinbruch Ende April, Hagel und Unwetter ... Wenn man das alles beobachtet, stellt sich die Frage: Muss man sich Sorgen um die Bauern machen?
Mößler: Diese Probleme bekomme ich bei Bauernstammtischen in den Dörfern immer wieder zu hören. Naturkatastrophen gab es immer schon. Allerdings erleben wir jetzt eine ganz besondere Häufung und Intensität. Ursache dafür ist ohne Zweifel der Klimawandel. Er ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung. Nicht jeder spürt die Erderwärmung, aber die Entwicklung ist schleichend und setzt sich fort. Für uns Bauern bedeutet das einen radikalen Wandel. Die Entladungen werden intensiver – vor allem in der Vegetationszeit. Dadurch entstehen so schwere Schäden. Wir müssen damit umgehen lernen, denn dort, wo wir unsere Höfe haben, ist unsere Heimat. Wir können unsere Produktionsstätten nicht ins Ausland verlagern.

Wie kann man sich auf solche Situationen einstellen?
Mößler: Das beginnt bei der Fruchtfolge oder im Wald bei einer veränderten Anpflanzung; weg von den Nadelhölzern stärker hin zu Laubwäldern. Vor allem aber müssen wir alle wegkommen von der fossilen Energie. Wir brauchen mehr intelligente Mobilität. Das bedeutet auch, dass die Angebote der öffentlichen Verkehrsmittel besser genutzt werden. Obwohl schon von fast überall Schulbusse wegfahren, glauben manche Eltern noch immer, sie müssen ihr Kind mit dem eigenen Fahrzeug vor das Schultor bringen.

Zu allen Problemen kommt derzeit ein massiver Einbruch des Milchpreises, der die Existenz von Höfen gefährdet. Wie kam es dazu und was tut man gegen solche Entwicklungen?
Mößler: Hier beobachten wir klassisch das Auf und Ab einer zunehmend liberalen Marktwirtschaft. Wenn sich die liberalen Kräfte in der Wirtschaft durchsetzen und das Regulativ aus der Politik schwächer wird, nimmt keiner mehr Rücksicht auf kleinräumige Strukturen wie Kärnten. Denn der Markt nimmt keine Rücksicht auf uns. Damit werden benachteiligte Gebiete weiter geschwächt.

Müsste nicht gerade die Landwirtschaftskammer etwas dagegen unternehmen?
Mößler: Das machen wir auch. Der Ball liegt aber bei der Politik. Die Landwirtschaft verzeichnet schon seit vielen Jahren Einkommensverluste. Das ist für viele Betriebe existenzgefährdend. Das wirkt sich dann so aus, dass bis zum Ende einer Programmperiode der Betrieb bewirtschaftet wird. Bei einem Wechsel oder einer Hofübergabe werden dann zumindest Teile – wie die Tierhaltung – beendet. Das verändert aber auch die gesamte Entwicklung unserer Landwirtschaft. Auch da ist die Politik gefordert, einen Ausgleich zu schaffen.

Auf Dauer kann es für einen Bauern doch nicht befriedigend sein, nur von Entschädigungen oder Förderungen zu leben ...
Mößler: Das ist richtig. Wir reden auch nur von Sicherheitsnetzen. Die Öffentlichkeit erwartet sich aber von der Kärntner Landwirtschaft eine sehr hohe Qualität in der Produktion. Diese wird von unseren Bauern auch erfüllt. Wir müssen dafür teilweise enorm hohe Investitionen tätigen. Wenn ich mir aber anschaue, welche Lebensmittel im öffentlichen Bereich – in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindergärten oder Schulen – eingekauft werden, dann fehlt mir das Verständnis dafür. Meist wird dort industriell aufgekocht, und man schaut nur noch auf den billigsten Preis. Ich habe im LKH Laas, mitten im Einzugsgebiet der „Kärntner Milch“, auf dem Frühstückstisch Butter aus Deutschland bekommen. Da muss sich etwas ändern.

Und was?
Mößler: Auf Bundesebene sind wir vom Billigstbieterprinzip schon weggekommen und haben das Bestbieterprinzip durchgesetzt. Das Land Kärnten wird hier hoffentlich bald nachziehen.

Die Landwirtschaft bei uns ist kleinräumig. Welche Nischen können sich Kärntner Bauern zum Überleben schaffen? Was würden Sie etwa einem Hoferben raten, was er machen soll?
Mößler: Das Um und Auf ist die bestmögliche Vorbereitung und berufliche Ausbildung. Das gilt auch dann, wenn man es im Nebenerwerb macht. Zweitens muss man sich die Stärken des Betriebes genau anschauen. Der beste Weg zum Erfolg ist aber, das zu tun, was man gerne tut. Denn nur das macht man wirklich gut. Es gibt viele neue Marktnischen speziell in West- und Oberkärnten im touristischen Bereich. Dort kann man dann auch eigene Produkte mit vermarkten. Generell empfehlen wir sehr, in höhere Wertschöpfung zu gehen. Etwa auch durch Direktvermarktung qualitativ hochstehender Produkte.  

Da sind wir beim Punkt Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Können sich das die Bauern leisten bzw. sind die Konsumenten bereit, dafür mehr Geld auszugeben?
Mößler: Mir hat kürzlich ein 83-jähriger Bauer im Metnitztal gesagt: So gut wie heute ist es den Menschen noch nie gegangen. Das ist richtig, auch wenn der Einzelne das oft nicht so begreift. Wir leben in einer Gesellschaft der ständigen Unzufriedenheit. Aber im Grunde geht es uns so gut, dass wir uns auch die qualitativ besseren Produkte leisten können. Gott sei Dank sehen das immer mehr Konsumenten auch so und sind bereit, für gute Lebensmittel der heimischen Bauern auch höhere Preise zu bezahlen.

Europa steht vor einem weitreichenden Beschluss: CETA und TTIP sollen die Märkte Nordamerikas und Europas öffnen. Beide sind mehr als umstritten. Was würde das für unsere Bauern bedeuten und wie stehen Sie persönlich dazu?
Mößler: Größere Märkte bringen immer eine Liberalisierung. Das muss man wissen und das ist aus unserer Sicht nicht förderlich. Wir sind ja nicht so exportorientiert, sondern verkaufen unsere Produkte kleinräumig. Es geht aber auch um internationales Recht, das uns in eine Welt führt, die noch zunehmend schwieriger wird. Für uns in der Landwirtschaft ist ein überschaubarer Wirtschaftsraum entscheidend. Von daher denke ich, dass Europa gefordert ist, innerhalb Europas wieder stabile Verhältnisse herzustellen. Wir erleben in Europa bei vielen Fragen ein Auseinanderbrechen. Da ist es wichtiger, sich zu besinnen und gemeinsam aufzutreten.

Besteht durch TTIP die Gefahr einer Ausweitung dessen, was wir derzeit am Milchsektor erleben?
Mößler: Die Situation wird sich mit Sicherheit verschärfen. Man darf aber nicht übersehen, dass wir ja heute schon weltweite Auswirkungen in der Landwirtschaft verspüren. Die Produktion wird international gesteigert. Da müssen wir ganz streng darauf achten, dass an unseren Qualitätsanforderungen nicht gerüttelt wird. Für diese höchsten Qualitätskriterien kämpfen wir, denn nur sie bieten unseren Betrieben bessere Chancen. So können wir am Markt auch bessere Preise erzielen.

Interview: Gerald Heschl

 

Zur Person:

Ing. Johann Mößler ist seit Feber 2011 Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten. Seine Ausbildung absovierte er an der HLBLA Francisco Josephinum in Wieselburg, beim Bundesseminar Ober St. Veit (Ausbildung zum Landwirtschaftslehrer). Sein beruflicher Werdegang führte ihn als Landwirtschaftslehrer an die Fachschule Litzlhof (1981-1995), daneben ist er seit 1995 Landwirtschaftslehrer in Teilzeit und seit 1990 Land- und Forstwirt. Mößler ist verheiratet und Vater von sieben Kindern.
Politischer Werdegang: 1982 Obmann der Landjugend Gmünd, 1983-1988 Bezirksobmann Landjugend Bezirk Spittal, 1988-2000 Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft der Grundbesitzer in den Kärntner Nationalparks, seit 2000 Obmann der Schutzgemeinschaft, seit 2010 Landesobmann des Bauernbundes, seit 1991 Mitglied der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer.