Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Wenn aus Spaß bitterer Ernst wird

Premiere im Klassenzimmer zum Thema Alkohol

„Theater im Klassenzimmer zum Thema Alkohol“ heißt ein beispielgebendes Projekt, das in Kooperation mit der Landesstelle Suchtprävention Kärnten und dem Stadttheater Klagenfurt entstanden ist. von Ingeborg Jakl

Mit Michael Kuglitsch steht ein überzeugender Schauspieler im Klassenzimmer.  (© Foto:  Stadttheater Klagenfurt)
Mit Michael Kuglitsch steht ein überzeugender Schauspieler im Klassenzimmer. (© Foto: Stadttheater Klagenfurt)

„Eins geht noch, zum Drüberstreuen“, Anna (17 Jahre ) lässt sich nur zu leicht verleiten. Und wieder steht ein Glas Prosecco vor ihr. Partystimmung an einem Samstagabend in der Altstadt. Die Theke ist mit vollen Gläsern wohl bestückt. Der Kellner zuvorkommend, die Freunde und Freundinnen in Feierlaune. Es ist Partyzeit, wie immer am Wochenende, und dazu gehört für sie und ihre Clique Alkohol, und das nicht zu knapp. Nicht ein Glas, sondern eine Flasche und meistens auch noch mehr. Oft so viel, dass sie nicht mehr weiß, wie sie anschließend nach Hause gekommen ist. „Filmriss“ nennt das der Kenner.
„Ein Phänomen, das leider immer häufiger anzutreffen ist: Jugendliche und ihr gesteigerter Konsum von Alkohol“, klagt Christoph Schneidergruber von der Suchtberatung der Kärntner Caritas. Natürlich, schränkt er ein, führe nicht jede Flasche Bier oder jedes Glas Wein zwangsläufig in die Abhängigkeit, doch dass es generell Gefahren beim Umgang mit der Volksdroge Nummer eins zu berücksichtigen gibt, könne jungen Menschen nicht anschaulich genug vermittelt werden.
Und genau darum geht es beim Auftragswerk des Stadttheaters Klagenfurt in Kooperation mit der Landesstelle Suchtprävention Kärnten. Mit ihrem Theaterstück „Immer und überall“ wollen sie veranschaulichen, zeigen, demonstrieren und einbinden, was der Alkohol mit einem jungen Menschenleben anstellen kann. Es ist kein Stück, um mit dem pädagogisch erhobenen Zeigefinger zu wedeln, betont Florian Scholz, Intendant des Klagenfurter Stadttheaters. Sondern es soll ungeschönt, direkt und mit viel Gespür dem jungen Publikum die Suchtgefahren begreifbar machen.


Nicht mahnen, sondern aufklären
„Unser Ziel ist es, dass die Schüler sich Gedanken zu dem Thema machen“, wünscht sich Beate Prettner, Gesundheitsreferentin der Kärntner Landesregierung, in diesem Zusammenhang. „Wir wollen zeigen, was der Alkohol in unserer Gesellschaft auszulösen imstande ist.“ Aber wie bei vielen Dingen im Leben, „die Dosis macht das Gift“, verweist sie auf Paracelsus.
„In einen Dialog treten“, bringt es Barbara Drobesch-Binter von der Landesstelle Suchtprävention auf den Punkt. Es gehe ums Lernen, wie mit dem Genussmittel Alkohol umzugehen sei.
Gemeinsam haben das Landestheater und das Land Kärnten nun die Weichen gestellt. Sie bieten ein Theaterstück im Schulraum an, das sich mit den Folgen exzessiven Trinkens befasst. Mit Johannes Flaschberger wurde ein Autor und Regisseur bestellt, der sich zunächst mit umfangreichen Recherchen beschäftigte. „Ich habe an die 80 Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren zu ihren Trinkgewohnheiten befragt.“ Sein Fazit: Sich jedes Wochenende so zu betrinken, dass man sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern kann, kommt häufig vor, in allen Gesellschaftsschichten. „Ich glaube, dass viele Jugendliche mit ihrem Verhalten einfach erwachsener erscheinen wollen. Oft fühlen sie sich damit irgendwo dazugehörig. Meistens kommen die Jugendlichen durch Gruppenzwang auf falsche Wege“, resümiert er.
Entstanden ist „Immer und überall“, ein Ein-Personen-Stück, gespielt von Michael Kuglitsch, das viel Dramatik beinhaltet. Wenn er beispielsweise schildert, wie nach einer durchfeierten Nacht zwei Freunde ihre Fahrtüchtigkeit überschätzen und ihr Motorrad an einen Baum setzen. Für beide das Ende. Sie sterben. Dabei geht es hier, und das ist die eigentliche Botschaft des Stückes, nicht darum, „Abstinenz zu predigen, sondern Jugendliche vielmehr für das eigene Trinkverhalten zu sensibilisieren“, so Beate Prettner.


„Zu tief ins Glas schauen“
Ein Konzept, das aufgehen kann. „Das Feedback des Premierenpublikums, die 6 c des Europagymnasiums in Klagenfurt, war durchwegs positiv“, bestätigt Flaschberger. Denn im Anschluss an die Vorführung ist immer auch eine Möglichkeit, sich mit dem Thema kollektiv auseinanderzusetzen. Da kommt auch zur Sprache, dass Redensarten rund um das Thema Alkohol zwar verharmlosend klingen wie „einen über den Durst trinken“ oder „zu tief ins Glas schauen“, doch wenn sich Jugendliche unter professioneller Anleitung eingehender damit beschäftigten, sind sie beeindruckt. Nicht selten kommen Geschichten zu Tage, die fernab von der üblichen pubertären Prahlerei beeindruckende Erkenntnisse fördern. Auf beiden Seiten übrigens, im Austausch. Das Thema bietet viele Möglichkeiten.
Den Verantwortlichen ist es wichtig,
dass der Alkoholkonsum nicht per se verteufelt wird, sondern, wie sogar Prettner selbst sagt, „Ich gönne es jedem!“, aber eben in Maßen und mit geschärftem Bewusstsein. Dabei geht es auch darum, spielerisch den Ernst des Themas erfassen zu können.
„Im internationalen Vergleich ist Österreich ein Land mit hohem Pro-Kopf-Konsum“, bilanziert Schneidergruber. Er plädiert daher für frühzeitiges Einschreiten und fordert, dass „Erwachsene mit riskanten Konsummustern viel früher mit präventiven Maßnahmen erreicht werden müssen, damit sich aus riskantem Verhalten keine manifeste Abhängigkeit entwickelt“. Das Fazit fällt für Politiker, Mediziner und andere Mahner ernüchternd aus: Der Suchtmittelkonsum bei jungen Menschen ist (leider) stetig steigend.

Vorstellungen in Schulen auf Anfrage.
Empfohlen ab 15 Jahren, Dauer ca. 50 Minuten,
Kosten € 200,– (pro Klasse, max. 25 Personen)
Informationen und Buchung: Susanne Peyha,
E-Mail: s.peyha@stadttheater-klagenfurt.at
Tel. 0463/55266-227 (vormittags)
Zur Nachbereitung im Unterricht stellt das Stadttheater in Zusammenarbeit mit der Landesstelle Suchtprävention Kärnten eine Materialmappe zur Verfügung.