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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Standfest ist Petrus nur mit Bleifuß  – was Figuren erzählen können

Mit biblischen Erzählfiguren lässt sich das Leiden und Sterben Jesu anschaulich darstellen, zu sehen in St. Georgen/L.

Die zwei Schwestern vom heiligen Kreuz, Bernadette Wagner und Isabella Truppe, beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der Gestaltung von biblischen Erzählfiguren. von Ingeborg Jakl

Mit biblischen Erzählfiguren haben die Schwestern die Abendmahlszene nachgestellt und dabei auf viele Details geachtet. (© Foto: Foto: Eggenberger)
Mit biblischen Erzählfiguren haben die Schwestern die Abendmahlszene nachgestellt und dabei auf viele Details geachtet. (© Foto: Foto: Eggenberger)

„Es kommt auf die Haltung der Figuren an“, sagt Schwester Bernadette und weist auf die Abendmahlszene hin. Um einen ovalen Tisch gruppiert, sitzen die zwölf Apostel und in ihrer Mitte Jesus. Auf dem Tisch stehen Becher aus Ton, die Kulisse des angedeuteten Hauses im orientalischen Stil könnte nicht idealer gewählt sein.
„Das war schon eine kleine Herausforderung“, verrät die Schwester weiter, aber gemeinsam mit ihrer Mitschwester Isabella ist es ihr gelungen, den Moment künstlerisch einzufangen und darzustellen.


Beweglich und standfest
Möglich gemacht hat diese eindrucksvolle Darstellung des Abendmahls das Arbeiten mit biblischen Erzählfiguren. Die Figuren sind handgearbeitet, ca. 30 cm groß und, ganz wichtig, beweglich. Als Grundgerüst für den Körper dient eine Sisalschnur, die einen Drahtkern beinhalten und mit „Bleifüßen“ ausgestattet ist. Somit sind sowohl Beweglichkeit als auch Standfestigkeit gesichert.
Auf diesen Rohling wird aus Styropor ein Gesicht geschnitten und anschließend mit Holzmodeliermehl geformt. Behutsam nimmt Schwester Isabella das Sisalgestell in die Hand und beginnt, mit gleichmäßigen Bewegungen das Trikotband um den Rohling zu wickeln. Ein Körperpolster wird in die Mitte eingearbeitet, und langsam nimmt die Figur Gestalt an.
Gesicht, Hände und Füße werden mit Duvetine, einem Spezialstoff, überzogen, und zwar in unterschiedlicher Farbausführung. „Es gibt ihn heller und dunkler“, erläutert die Schwester. Das, was die Figuren auszeichnet, ist, dass ihre Gesichter nur angedeutet sind. „Wir verzichten bewusst auf Augen und Mund“, sagt die Schwester. Wer jetzt glaubt, da fehlt doch was, der irrt. Denn gerade so sind die Figuren nicht auf einen bestimmten Gesichtsausdruck festgelegt. Dennoch scheinen sie beredter und ausdrucksstärker als so manche „realistischere“ Nachbildung. „Stimmungen und Gefühle werden als Körpersprache hauptsächlich über die Haltung vermittelt“, erklärt die Expertin weiter.


Für jede Figur passende Schuhe
Ist der Körperbau fertiggestellt, geht es an das Schneidern der passenden Gewänder. „Unsere Figuren tragen Kleider aus Leinen, Wolle und Baumwolle in gedeckten Farben“, beschreibt Schwester Bernadette. „Wir halten uns da genau an die Möglichkeiten, die es in biblischer Zeit gab.“ Um die Figur abzurunden, werden die Haare aus verschiedenen Lammfellen gestaltet.
Und last bust not least, auch die Schuhe werden exakt zugeschnitten, d. h. die Bleifüße werden verpackt. Jede Figur bekommt einen passenden Schuh in jeweils anderer Farbe. Kopftücher, Turbane, Schmuck sowie Körbe und Taschen unterstreichen den individuellen Charakter jeder einzelnen Figur. Selbst kleinste Details sind den Schwestern wichtig, wie beispielsweise das Würfelspiel um das Kleid Jesu. So ist jede fertige Figur ein Unikat, keine gleicht der anderen.
Auf diese Weise haben die Schwestern in szenischen Darstellungen die Leidensgeschichte Jesu vom Einzug in Jerusalem bis hin zum Abendmahlsaal, die Verleumdung durch Petrus, Jesu Weg mit dem Kreuz hinauf nach Golgatha, seinen Tod am Kreuz dargestellt. Auch jene Frauen, die nach dem Tod Jesu auf dem Weg zum Grab sind, sowie den Emmausgang haben sie mit diesen biblischen Figuren entworfen.


Mit Krippenfiguren begonnen
Begonnen haben Schwester Bernadette und Isabella mit ihrem Kursangebot für biblische Erzählfiguren vor 20 Jahren. Nach Einschulungen in Graz und Wien holte sich Schwester Bernadette den letzten Schliff bei einer Ausbildungsreihe in der Schweiz. „Ich war von Anfang an begeistert, es war Liebe auf den ersten Blick.“ Und diese Begeisterung hat sie sowohl auf ihre Mitschwester, als auch auf hunderte von Kursteilnehmern, die im Bildungshaus St. Georgen/L. diese Kunst der biblischen Erzählfiguren erlernten, übertragen.
Die ursprüngliche Idee war, Krippenfiguren für den Hausgebrauch zu schaffen, erzählt sie. Aber im Laufe der Zeit wurde die Fertigkeit weiterentwickelt. „Nicht nur die Weihnachtsgeschichte, sondern vielfältigste biblische Erzählungen wollen wir mit diesen Figuren darstellen und gestalten.“ Die Arbeit mit den Figuren fördere den Zugang zu den Zeugnissen der Heilsgeschichte mit Leib und Seele.
Rund 6.000 biblische Erzählfiguren entstanden in der Werkstätte der Schwestern. Sie selbst haben 100 Figuren geschaffen, die nach Bedarf zur Weihnachtszeit oder in der Fastenzeit immer wieder neu arrangiert werden.