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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Reden wir über Gott!

Erwarten konnte man von dem Podiumsgespräch zum 50-jährigen Bestehen der katholischen Journalistenschule „ifp“ in der Münchner Hochschule für Philosophie, dass es heiter werden würde. Immerhin saßen Kardinal Reinhard Marx und Entertainer Thomas Gottschalk gemeinsam auf dem Podium. Momente eines amüsanten, gleichwohl tiefgründigen Abends. von Ingeborg Jakl

Ein brilliantes Wortgefecht auf höchstem Niveau. Dafür sorgten Anne   Reidt, Entertainer Thomas Gottschalk und Kardinal Reinhard Marx.  (© Foto: robert kiderle fotoagentur)
Ein brilliantes Wortgefecht auf höchstem Niveau. Dafür sorgten Anne Reidt, Entertainer Thomas Gottschalk und Kardinal Reinhard Marx. (© Foto: robert kiderle fotoagentur)

„Der Kardinal ist da, der Twittergott ist da, das Hochamt kann beginnen.“ Mit diesen launigen Worten eröffnete Anne Reidt, Leiterin der Hauptredaktion Kultur im ZDF, eine Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche in München. Ihre beiden Protagonisten: Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und die Entertainergröße des deutschen Fernsehens Thomas Gottschalk.
Zum 50-jährigen Bestehen der katholischen Journalistenschule „ifp“ (Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses) wurde in die Münchner Hochschule für Philosophie geladen. (Als ehemalige Absolventin war auch die Autorin dabei.)
Wenn zwei redegewandte, noch dazu TV-erfahrene und erprobte Persönlichkeiten sich einen amüsanten und spannenden Schlagabtausch über Gott und Religion liefern, dann ist im Auditorium höchste Aufmerksamkeit angesagt. Es geht um Glauben, und Thomas Gottschalk, ebenfalls ein „ifp“-Absolvent, ist einer jener, der von sich sagt, „mit dem Glauben an Gott sterbe ich einfach lieber, wenn ich schon muss“.
Ein Glaubensbekenntnis, das heutzutage nicht jeder so unverfälscht und ehrlich von sich gibt. Selbst Kardinal Marx gesteht, dass die Fragen „Wie halten Sie es mit dem Glauben? Beten Sie?“ genauso ungern beantwortet werden wie die nach dem eigenen Gehalt. „Darüber spricht man nicht“, ist seine Erkenntnis. „Zu intim.“


Stress im Vatikan?
Deshalb stand die Bedeutung von Religion im Hier und Jetzt, aber auch die Barmherzigkeit, die Arbeit der Medien und eben die Botschaft von Papst Franziskus zur Debatte.
Der vermittle, da sind sich beide rasch einig, seine Botschaft in einer „beruhigend schlichten“ Sprache, wie Gottschalk sagt. Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, betont denn auch, dass Papst Franziskus stets versuche, „mit Güte und großem Verständnis“ den Glauben zu verbreiten und die Menschen zu erreichen. Und eben nicht mit Dogmen oder gar Verboten. Das, findet wiederum Gottschalk, gelinge dem derzeitigen Kirchenoberhaupt deutlich besser als seinem Vorgänger: „Um Benedikt zu mögen, muss man katholisch sein“, meint der frühere Quotenkaiser. „Um Franziskus zu mögen, muss man nicht getauft sein.“
Ob es denn stressig sei im Vatikan, will die Moderatorin Anne Reidt vom Kardinal, immerhin einem engen Berater des Papstes, wissen? „Vatikan und Stress?“, fragt Marx verschmitzt zurück. Lächelnder Kardinal, mehr als 300 lachende Zuhörer im Saal. Der Kardinal hat das, was Gottschalk ein „Entertainment-Gen“ nennt.
„Ich habe die Barmherzigkeit nicht immer so gelebt, wie ich es hätte tun sollen, aber ich habe es mit Warmherzigkeit versucht, gerade im Fernsehen“, sagte Gottschalk und wollte von Kardinal Marx wissen: „Sind Sie Gott ein Stückchen näher als ich? Seiner Existenz, seiner Allmacht?“ Marx wiegelte ab: „Wir bleiben Suchende, bis wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Ich bin auch ein Suchender. Es ist wie in einer Beziehung: Man kann nie sicher sein, aber man darf Vertrauen haben.“
Gottschalk sprach von einem täglichen Ringen um den Glauben. Franziskus habe es ihm leichter gemacht, „meine naive Form des Glaubens zu legitimieren“. Er vermittle das Gefühl: Es lohnt sich, dieses Leben zu leben und Spaß dabei zu haben. Kardinal Marx pflichtete ihm bei: Bei Franziskus habe der Glaube eine Leichtigkeit. Das heiße aber nicht, dass er anspruchslos wäre. Kritiker wollen Franziskus ja gerne zu einem Leichtgewicht machen, das ist er aber nicht, so der Kardinal.


Als Ministrant begonnen
Thomas Gottschalk spricht nicht von ungefähr an diesem Abend mit Kardinal Reinhard Marx. Dass er katholische Wurzeln hat und Ministrant war, eine Tante als Ordensfrau und einen Onkel als Priester, wissen einige, zumindest seit dem Zeitpunkt, als er dem Magazin „Der Spiegel“ ein erfrischendes Interview gab. Dass er zum Stipendiatenjahrgang 1974 der katholischen Journalistenschule „ifp“ zählt, ist nur Insidern bekannt. Sein Ziel sei es damals gewesen, Platten beim Radio aufzulegen, erzählt er wie nebenbei. Journalismus habe ihn nur am Rande interessiert. Die notwendigen Grundlagen aber erlernte er im „ifp“. Und deshalb sorgte Gottschalk für einen denkwürdigen Augenblick an diesem Abend. Als er nämlich Pater Wolfgang Seibel in der ersten Reihe sitzen sieht, bittet er ihn zum Gespräch, locker, wie einst bei „Wetten, dass...?“.
Der 89-jährige Jesuit setzt sich mit dem TV-Entertainer auf den Bühnenrand und steht ihm Rede und Antwort, ihm, dem wohl bekanntesten Absolventen von vielen bekannten Absolventinnen und Absolventen der deutschen Jornalistengarde, die bei Rundfunk, Fernsehen und den großen bekannten Zeitungen ihre berufliche Laufbahn gefunden haben. Das „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ war für sie alle die berufsethische Grundlage. Und doch, es wäre nicht Thomas Gottschalk, wenn er es auf seine charmante Art nicht noch besser wüsste: „Sie haben mir die Angst genommen, dass man hier jeden Artikel mit Amen beenden muss. Dafür danke ich Ihnen“, schließt Gottschalk seine persönliche Hommage an Seibel, einem der Mitinitiatoren der katholischen Journalistenschule und ihr erster Leiter.
„Marx & Gottschalk“, das wäre doch eigentlich ein grandioses TV-Format, beschließt Anne Reidt den Abend, der mit angeregten persönlichen Gesprächen ausklingt.

Info:

Das „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“, kurz „ifp“, wurde 1968 von der Deutschen Bischofskonferenz im Geiste der Aufbrüche des Zweiten Vatikanischen Konzils gegründet, um qualifizierte und unabhängige Journalisten aus- und weiterzubilden.

Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses e.V. (ifp)
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