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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

In der Kirche kann auch gelacht werden

Der Kabarettist und Ehe- und Familienseelsorger Michael Kopp im "Sonntags"-Gespräch

Warum Lachen eine christliche Tugend ist, was seine befreiende Wirkung mit der Auferstehung zu tun hat und wie es einem nicht im Hals stecken bleibt.

Der Kabarettist und Ehe- und Familienseelsorger Michael Kopp im SONNTAG-Interview über Lachen als christliche Tugend, was seine befreiende Wirkung mit der Auferstehung zu tun hat und wie es einem nicht im Hals stecken bleibt. (© Foto: Pressestelle / Höher - Sonntag / Haab (Collage))
Der Kabarettist und Ehe- und Familienseelsorger Michael Kopp im SONNTAG-Interview über Lachen als christliche Tugend, was seine befreiende Wirkung mit der Auferstehung zu tun hat und wie es einem nicht im Hals stecken bleibt. (© Foto: Pressestelle / Höher - Sonntag / Haab (Collage))
 (© Foto: Pressestelle/Höher; Haab. Montage: Haab)
(© Foto: Pressestelle/Höher; Haab. Montage: Haab)

Sie sind Priester und machen Kabarett. Geht das zusammen?
Kopp: Sehr gut! Der Humor ist ein Zentrum der christlichen Botschaft, und er ist bis zu einem gewissen Grad erlernbar. Das sage ich durchaus auch im Bewusstsein, dass manche es anders sehen. Aber ich glaube, dass Humor seit jeher eine christliche Tugend ist: Damit man nichts im Leben, was immer es auch ist, als endgültig sieht. Alles ist vorläufig. In der theologischen Sprache: Alles, auch wenn es dich noch so ohnmächtig macht oder wenn du an der Wand stehst – also eine typische Kreuzessituation –, alles ist zur Auferstehung fähig.

Sie meinen: Der Glaube nimmt die Kreuze nicht weg, aber er führt darüber hinaus?
Kopp: Er nimmt die Kreuzessituationen nicht als das Letzte und Bestimmende im Leben, sondern verwandelt sie.

Deshalb darf in der Kirche auch gelacht weden?
Kopp: Natürlich! Als Tugend hat das Lachen eine Verwandlungskraft, eine heilende Kraft. Dass du über dich und deine Fehler lachen kannst – nicht über andere lachen, das halte ich für eine Untugend –, oder wo du anstehst und keinen Weg mehr siehst: Über das lachen zu können, verwandelt. Dann kann ich sagen: Das ist jetzt einmal so, vorläufig, das ist nicht das Ganze.

Wie erleben Sie selbst Ihre Kabarett-Auftritte?
Kopp: Für mich ist es ein Bewusstmachen des früher Gesagten, auch ein Festigen meiner Glaubensbotschaft: zum Heilen hin, zur Verwandlung, zur Auferstehung. Und dadurch auch wie eine Psychohygiene für mich.

Wie ist die Resonsanz aus dem Publikum?
Kopp: Letztens hat eine Frau gesagt: Das war für mich heute wie eine Zusammenfassung dessen, was ich selbst zu leben versuche. Viele sagen: Es ist wie eine Predigt, aber humorvoll und mit sehr viel Inhalt. Oder sie sagen es bewertend: mit viel Tiefgang.

Ist vielleicht einer der Unterschiede zu einer Predigt, dass Sie die Menschen im Kabarett direkt ansprechen und eine Reaktion von ihnen einfordern?
Kopp: Kabarett ist interaktiv. Ich habe den Auftritt ja auswändig gelernt und kann deshalb leicht auf die Reaktionen der Menschen eingehen. Und zum Kabarett kommen Menschen, die in die Kirche nicht unbedingt kommen.

Auch wenn Sie Pfarrer sind, erwarten sie von Ihnen anderes als in der Kirche?
Kopp: Zu einem Kabarett kommen die Menschen lieber als zu einem Vortrag. Für mich ist entscheidend, dass sie dann im Kabarett auch etwas Christliches entdecken. Oft bekomme ich auch die Rückmeldung: Das hätte ich in der Kirche nicht unbedingt vermutet oder geglaubt,  es woanders suchen zu müssen.

Könnte es sein, dass viele im Lachen eine Befreiung erleben, die ihnen in der Kirche fehlt?
Kopp: Ich glaube, sie finden sie hier auf einem heilsamen Umweg. Die Schwelle, zu einem Kabarett zu gehen, ist niedriger als bei einem ritualisierten Gottesdienst oder einem Vortrag, den man auch in einem Buch nachlesen könnte. Und überhaupt:  Übers Lachen ist vieles leichter zu nehmen. Lachen – über Hoppalas, über unsere eigenen Beschränktheiten – ist für die Seele einfach etwas ganz Befreiendes.  

„Die Christen schauen mir viel zu unerlöst aus“, sagte Nietzsche.
Kopp: Ich halte Humor für erlernbar. Viele sagen: Na ja, der ist halt so ein witziger Typ, mir liegt das eben nicht; ich kann nicht lachen, wenn ich nicht lustig bin. Ich denke aber, dass es um eine Lebenshaltung geht, die ich einüben kann in kleinen Schritten – wie eine Schnecke.

Lustig sein assoziieren viele mit Alkohol ...
Kopp: Es geht um ein Lachen aus der Tiefe. Ein befreites Lachen über das grundsätzliche Erlöst-Sein. Wenn ich mich in die Selbstannahme vertiefe, reifer werde, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, kann ich viel leichter über mich selbst und meine Begrenzungen lachen, statt sie tierisch ernst zu nehmen. Wenn dich jemand auf die Palme bringt, weil er einen wunden Punkt in dir anrührt, hast du wieder einen Grund zum Lachen, wenn du dir sagst: Jetzt hat er mich wieder dort erwischt. Wenn ich darüber lache, dass ich wieder reingefallen bin, bringt es mich nur noch kurz aus der Fassung.
Es geht ja nicht um Perfektion, sondern dass die Zeit kürzer wird, bis ich den Ärger und die Frustration abgeben kann. Ich weiß eh schon, dass ich so bin, aber ich nehme es nicht fatalistisch. Man kann lernen, im Positiven mit sich zu leben: Sonst hätte ja die christliche Botschaft auch keine Verwandlungskraft. Prägungen bleiben zwar gleich, aber wir können lernen, mit ihnen umzugehen.

Wenn aber die Ereignisse um mich herum mir das Lachen im Hals stecken lassen – was dann?
Kopp: Ich kann meinen Zorn darüber relativieren. Spreche ich es an, wenn ich Kraft genug in mir spüre? Bin ich in der Position, etwas dazu zu sagen? Manche sind zwar in der Position, aber lassen es lieber beim Jammern. Obwohl sie in der Verantwortlichkeit wären und auch in der Lage, etwas zu sagen, tun sie es nicht. Habe ich aber meine Botschaft einmal gesagt, dann kann ich, wenn ich mich wieder ärgere, über diesen meinen Zorn lachen, weil ich es ja deponiert habe – damit habe ich meine Schuldigkeit erfüllt, und ich lasse mich nicht mehr davon herunterziehen.
Daneben gibt es die Möglichkeit zu sagen: Wenn‘s oben stinkt, kann ich mir einen Freiraum schaffen, indem ich kreativ bin im Umgang mit dem, was mir auferlegt ist. Mir Freiraum schaffen – das heißt für mich immer: Humor – in einer Kreuzessituation; Freiraum, obwohl ich in einer Struktur tätig bin, die nach außen so stinkt. Ich muss nicht in die Aggression gehen. Damit ändert sich etwas: Ich kann kreativ sein und habe Gestaltungsmöglichkeiten.

Ist nicht der Fasching an sich so eine Möglichkeit, Probleme auf lustige Weise anzugehen?
Kopp: Im Fasching können Menschen in eine andere Rolle schlüpfen und dadurch Situationen humorvoll anprangern, die sie nicht verändern können. Auch der Hofnarr hat diese Funktion gehabt. Wenn so etwas nicht möglich ist, ist das für das ganze System nicht gesund.

Hofnarren und Kinder sagen die Wahrheit. Als Familienseelsorger engagieren Sie sich für „Kinderkirche“. Weshalb ist Ihnen das so wichtig?
Kopp: Liturgie spricht alle Sinne an, also die Herzenstiefe des Menschen. Bei einer Kinderliturgie werden alle Beteiligten zu Mitvorbereitern und Mitgestaltern des Gottesdienstes, nicht nur Ministrant und Kirchenchor. Dadurch werden auch die Eltern mit hereingenommen. Und nachdem Kindergottesdienste oft sehr stark von Frauen mit vorbereitet werden, gibt es eine sehr starke emotionale Kompetenz im Vergleich zu der sonst sehr sachlichen theologischen Ebene. Das scheint mir entscheidend, weil dadurch wiederum die Herzensebene angesprochen wird.

Interview: Georg Haab

 

Zur Person:

Mag. Michael Kopp, geb. 1973 in Wolfsberg, ist Priester und Ehe-und Familienseelsorger der Diözese. Sein Kabarett  „Wie Schnecken checken“ erfreut sich seit zwei Jahren großen Zulaufs.