Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Die Sprache als Lebensbegleiter

Autor Gunther Spath im SONNTAG-Gespräch

Der Literat und ehemalige Militärkommandant von Kärnten im Gespräch mit dem „Sonntag“ über seine Berufung – die Lyrik – seinen Glauben und die Gefahren der Gegenwart.

Gunther Spath, Literat und ehem. Militärkommandant von Kärnten, über Lyrik, seinen Glauben und die Gefahren der Gegenwart (© Foto: privat)
Gunther Spath, Literat und ehem. Militärkommandant von Kärnten, über Lyrik, seinen Glauben und die Gefahren der Gegenwart (© Foto: privat)
Gunther Spath bei einer Lesung (© Foto: privat)
Gunther Spath bei einer Lesung (© Foto: privat)

Wo kann Literatur ansetzen in einer Zeit wie der unsrigen?
Spath: Literatur hat sicher die Aufgabe, in entsprechender Form auf die Umstände der Welt hinzuweisen. Sie hat ebenso die Aufgabe zu warnen. Literatur, die sich in pessimistischer Welterläuterung verliert, ist zu wenig! Literatur vermag manchmal mit Humor, manchmal mit überhöhtem Sarkasmus darzustellen und Aufmerksamkeit zu erlangen.

Sarkasmus?
Spath: In der Tat erregt Sarkasmus Aufmerksamkeit! Genauso eine gewisse Form der Ironie. Sie bringen den Leser zum Nachdenken. Etwa: Warum wird das so gesagt? Warum wird dies so überspitzt formuliert? Dabei muss man darauf achten, nicht zu schrill zu werden. Das ist eine Krankheit der heutigen Zeit: Alles ist super, mega, noch größer und noch höher, und noch eine Sensation …

Sie gaben im Vorjahr Ihr neues Buch „Verschaukelt“ (Memoiren-Verlag Bauschke) heraus, mittlerweile Ihr zehntes Buch. Darin gehen Sie satirisch mit Themen unserer Zeit um. Wie klassifizieren Sie Erscheinungen wie Facebook?
Spath: Ein Beispiel aus meinem Buch „Verschaukelt“, einem realen Erlebnis: Ich sitze in einem Kaffeehaus, draußen  befinden sich junge Leute im Alter von sechzehn bis achtzehn Jahren, jeder das Smartphone in der Hand; sie wechseln zwei Stunden lang kein einziges Wort. Das heißt, sie sind völlig in ihrer Welt, in dieser besagten virtuellen Welt, gefangen. Und es ist auch eine Tatsache, von Forschern aufgezeigt, dass diese jungen Menschen die virtuelle Welt mit der Realität verwechseln. Das, was sie in ihrem Kästchen sehen, halten sie für die Wirklichkeit. Auf diese Weise kann man auch keine Beziehung aufbauen. Man unterwirft sich praktisch der Technik; sie werden von ihr abhängig, und jeder gesunde Lebensrhythmus wird zerstört.

Welchen Stellenwert hat Lyrik in Zeiten der digitalen Medien? Was kann Lyrik aussagen? Was ist das Besondere daran?
Spath: Die Lyrik hat es generell gesehen schwer. Vor allem schlägt mein Herz für die sozusagen „klassische“ Lyrik: schon von klein auf für Heine, Mörike, Morgenstern, Busch und Kästner. Kästner ist auch bis zu einem gewissen Grad Zyniker. Man weiß, was er ausdrücken will. Prosa fließt, wenn man sich ein Thema vornimmt, dahin. Bei Lyrik muss man sich jede einzelne Zeile immer wieder überlegen. Was will ich sagen? Reimen um des Reimens willen, bringt nichts. Ich muss versuchen, das, was ich sagen will, auszudrücken. Das ist gerade die Herausforderung der klassischen Reimformen. Lyrik ist sicher die größere Herausforderung als Prosa. Eindeutig.

Sind Sie als ein literarischer Freigeist in einer Weise auch gläubig?
Spath: Der Glaube ist für mich essenzieller Lebensinhalt. Das Vertrauen darauf, dass es einen Gott gibt, der gnädig ist, dass er im lutherischen Sinn kein strafender Gott ist, sondern ein gnädiger Gott, der hinter dem ganzen unglaublichen  Universum steht, in all seinen Dimensionen und seiner Pracht bis zum einzelnen Menschen. Das Schöne ist, man kann ihn nicht beweisen. Der Glaube entzieht sich dem naturwissenschaftlichen Beweis. Das macht ihn aus. Physiker wie der Nobelpreisträger Werner Heisenberg bestätigten dies. Sein Zitat:  „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.“

„Die Konzeption eines Kunstwerks  (….) ist ein göttliches Phänomen, ein Mysterium“, so Stefan Zweig in „Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens“. Was ist das Ihre?
Spath: Außenstehende, die zum ersten Mal einer meiner Lesungen   beiwohnten, sprachen oft von einem ungewöhnlichen Talent. Dies darf ich meinen Vorfahren, in erster Linie meiner Mutter, verdanken, die mich von klein auf zum Lesen angehalten hat, und zwar alles: Romane, Sachbücher, Lyrik. Ich habe gelesen, gelesen, gelesen. Am Gymnasium in Villach unterrichtete mich ein exzellenter Deutschprofessor, der mir alle Facetten der deutschen  Sprache nähergebracht hat.

Hat Ihr Erfolg Ihre Persönlichkeit geprägt? Sind Sie deshalb einen Quantensprung glücklicher?
Spath: Vor allem die Veröffentlichung meines ersten Buches „Von der Gedanken Trost und Kraft“ (Verlag Hermagoras, Mohorjeva) hat mich zweifellos glücklich gemacht. Mit jedem Buch ist es so: Wenn dieses Werk fertig ist, ist es ein Gefühl der Zufriedenheit, ein Stolz, man kann sagen: ein Glücksgefühl. Wenn es gelingt, ein paar Menschen zum Nachdenken zu bewegen, dass sich der eine oder andere engagiert, dann ist das schon sehr viel. Die Sprache begleitet uns das ganze Leben.