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Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ gibt Rückenwind

Podiumsdiskussion mit Bischof Alois Schwarz und Vertretern der Politik an der Universität Wien

“Umweltbischof“ Alois Schwarz und Grünen-Clubobfrau Eva Glawischnig (© Foto: Kathpress / H. Klingen)
“Umweltbischof“ Alois Schwarz und Grünen-Clubobfrau Eva Glawischnig (© Foto: Kathpress / H. Klingen)

Wien (kathpress): Österreichische Politiker sehen sich weiterhin bestärkt durch die päpstliche Öko-Enzyklika "Laudato si" - und zwar sowohl im Blick auf die bestehenden ökologischen Agenden der Regierung als auch im Blick der Opposition darauf: Zu diesem Eindruck konnten die Zuhörer einer Podiumsdiskussion mit Umwelt- und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) und Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig, "Umweltbischof" Alois Schwarz und der Sozialethikerin Ingeborg Gabriel am Dienstagabend an der Universität Wien kommen.

Der Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz betonte in seinem Statement, dass die katholische Kirche in Österreich durch die Enzyklika bestärkt worden sei, die Ergebnisse des von der Katholischen Aktion Österreich initiierten "Zukunftsforums" zügig umzusetzen und zu klaren Vorgaben und Verbindlichkeiten zu kommen. Mit "Laudato si" liege nun eine "größere Umsetzungssicherheit" vor, so der "Umwelt-Bischof". Persönlich zeigte sich Schwarz beeindruckt vom "neuen Stil" des Schreibens und der Kommunikationsweise des Papstes insgesamt. So berichtete er von einer persönlichen Karte, die der Papst allen Bischöfen geschrieben und per Mail gemeinsam mit der Enzyklika noch vor deren Veröffentlichung zugesandt hatte. Neu sei auch die gewählte "Ich-Form" der Papst-Worte, mit denen er Leitlinien für eine ökologische Kehrtwende nicht etwa vorschreibe, sondern bewusst "vorschlägt", so der Kärntner Bischof. "Es geht dem Papst um mehr als bloß um die Lehre - es geht ihm um einen neuen mystischen Zugang. Umweltschutz gehört in die Herzmitte der christlichen Sendung".
 
Auch die Politiker Rupprechter und Glawischnig zeigten sich von dem vor knapp einer Woche veröffentlichten päpstlichen Schreiben gleichermaßen beeindruckt: Die Enzyklika komme "genau zum richtigen Zeitpunkt", konstatierte Rupprechter im Blick auf den kommenden Umweltgipfel in Paris. Zugleich erkenne er einen "sehr starken Rückhalt" und eine "praktische Handlungsanleitung" in der Enzyklika für die österreichische Umweltpolitik: "Das, was wir ökosoziale Marktwirtschaft nennen, wird hier theologisch-pastoral fundiert". Der Papst komme in seinem Schreiben zu "Einschätzungen, die auch von uns so geteilt werden" - etwa in der kritischen Haltung zur Kernenergie oder zur Gentechnik. "Es werden alle Fragen angesprochen, die gegenwärtig in der Umweltdebatte relevant sind", so Rupprechter, der sich auch von der "lebensnahen Sprache" der Enzyklika beeindruckt zeigte.
 
Glawischnig lobte ihrerseits den breiten Ansatz des Schreibens, das sich an alle Menschen richte und damit nicht auf eine "hermetische Glaubensdebatte" abziele. Der Papst rücke die "großen Fragen in die Mitte der Gesellschaft" - dies sei "eine Leistung, die ich anerkenne und zu deren Verbreitung ich gerne beitrage", so Glawischnig. Es würde indes den Gestus des Schreibens "in all seiner Radikalität" unterlaufen, so die Grünen-Klubobfrau weiter, wenn man die Enzyklika zur Bestärkung bestehender politischer Programme oder Umweltschutz-Agenden heranziehen würde. "Man darf den Papst da nicht auf Ökologie reduzieren", vielmehr lenke die Enzyklika geschickt den Blick "auf die multiplen Krisen der Gegenwart - vom Finanzmarkt über den Klimaschutz bis zu sozialen Krisen. Alles muss zusammen gedacht werden".
 
Im Blick auf die kommende Weltklima-Konferenz in Paris mahnte Glawischnig, das gegenwärtige "window of opportunity" zu nutzen - dazu sei die Enzyklika ein deutlicher Aufruf. Konkret verband Glawischnig dies mit dem Appell an die österreichische Regierung, die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit aufzustocken. Klimaschutz sei in Österreich nicht ausreichend finanziert und finanziell abgesichert. Mit Kritik sparte Glawischnig auch nicht im Blick auf die von Österreich für den "Green Climate Fund" in Aussicht gestellten 20 Millionen Euro. Das Geld sei überall knapp, aber gerade mit Papst Franziskus müsse man die Frage nach den Prioritäten in der Politik wieder neu stellen. Außerdem sei die Enzyklika ein deutlicher Weckruf, die Debatte um die Anerkennung von Klima-Flüchtlingen in Österreich neu aufzugreifen und offen zu führen.
 
Landwirtschaftsminister Rupprechter konterte seinerseits, dass das Thema Klima-Flüchtlinge bereits auf dem Tisch liege und diskutiert werde. Angesichts des österreichischen Beitrags von 20 Millionen Euro zur Erstkapitalisierung des Klima-Fonds unterstrich Rupprechter, Österreich habe "kein Geld zu verschenken" - er habe jedoch bereits Gespräche mit den Ländern geführt, die Bereitschaft zur Beteiligung signalisiert hätten. Im internationalen Vergleich sei Österreich insofern "nicht schlecht aufgestellt".
 
Auf den "neuen Stil" verwies auch die Wiener Sozialethikerin Ingeborg Gabriel. So zeige allein schon die Tatsache, dass das Wort "Dialog" in der Enzyklika 23 Mal vorkomme, wie sich die kirchliche Sozialverkündigung verändert habe und auf diese Weise zugleich den öffentlichen Diskurs belebe. Neu sei etwa auch die Art, wie die Themen Ökologie und Armut eng verknüpft werden sowie eine eigene "Ethik der Technik" mit "kritischen Rückfragen an unser Fortschrittsverständnis", die sich in dieser Form erstmals in einem päpstlichen Schreiben finde, so die Sozialethikerin. Als dringlichste Aufgabe bezeichnete Gabriel abschließend die Herausforderung, "die durch die Enzyklika entfachte Dynamik weiter zu tragen".