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Internetredaktion der Diözese Gurk

Tagung zum Thema “Alte und neue Minderheiten”

Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz (© Foto: Pressestelle)
Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz (© Foto: Pressestelle)

(kathpress, Tainach) Die "kreative Kraft", die von Minderheiten ausgehe, hat der Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz bei einer Tagung im Bildungshaus Sodalitas in Tainach/Tinje zu diesem Thema betont. Er verwies dabei auf das Beispiel des Christentums selbst, denn die Christen wären lange eine Minderheit gewesen, deren Lebensprogramm aber schlussendlich die Mehrheit überzeugt habe. Als weiteres Beispiel nannte er den Umweltschutz: "Der Club of Rome wurde seinerzeit nicht besonders ernst genommen. Heute gibt es eine breite Umweltbewegung und Papst Franziskus hat mit seiner Enzyklika 'Laudato si' ein Programm für die ganze Welt verfasst."

Im Hinblick auf das 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung im Jahr 2020 veranstaltet das Bildungshaus Sodalitas eine Reihe von Tagungen unter dem Motto "Gemeinsam - skupno - 2020". Die erste am Freitag widmete sich dem Thema "Alte und neue Minderheiten. Integration, Recht und Politik". Juristen, Pädagogen, Historiker und Sozialwissenschafter stellten sich der Frage der Beziehung alter Minderheiten aber auch der Mehrheitsbevölkerung zu neuen Minderheiten. Ebenso ging es darum, wie ein effektiver Minderheitenschutz in einer immer pluralistischen Gesellschaft gestaltet sein sollte. Prominente Teilnehmer aus der Politik waren in Tainach der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und der Kärntner Landtagspräsident Reinhard Rohr.

In der Diskussion forderte Bischof Schwarz die slowenische Minderheit Kärntens zu mehr Selbstbewusstsein auf. Die Mehrheitsbevölkerung sei sehr offen für deren Anliegen, doch "die Minderheit lebt ihre Sprache oft zu wenig". So würden heute nur noch wenige Kinder Slowenisch als Muttersprache in der Familie erlernen. "Wenn aber das Slowenische in Kärnten verloren geht, stirbt in Kärnten eine spezifische Spiritualität und Kultur", warnte Schwarz. Die Kirche bemühe sich sehr, die slowenische Sprache zu sichern, betonte der Bischof. Er verwies unter anderem darauf, dass im österreichweiten Gotteslob der "Engel des Herrn" auf slowenisch zu finden sei.

Im Hinblick auf das 100-Jahr-Jubiläum der Volksabstimmung erinnerte der Kärntner Bischof an die Diözesansynode von 1972. Es sei eine Aufgabe der Kirche, Versöhnung zu stiften und heilend zu wirken.

"Staat mit Flüchtlingen überfordert"

In seiner Begrüßungsrede kritisierte der Landeshauptmann Kaiser die EU, die den Fragen der Migration ohnmächtig gegenüberstehe. "Es gibt ein Konglomerat von präzisen, neuen Herausforderungen, die sich auch durch neu entstehende Minderheiten ergeben", sagte der Landeshauptmann. Er verwies aber auch auf die sozialen Minderheiten im Land und kritisierte deren Degradierung durch die österreichweit unterschiedliche Mindestsicherung.

In Bezug auf die Flüchtlingswelle in Österreich im Jahr 2015 verhehlte Kaiser nicht, dass der Staat Österreich damit überfordert war - "aber nicht die NGOs", lobte er ausdrücklich das Engagement vieler Freiwilliger in dieser schwierigen Situation. In Kärnten habe die Regierung gemeinsam mit kirchlichen Institutionen und NGOs ein Integrationsleitbild erstellt. Seitens des Landes bekenne man sich zu einer aktiven Integration und fördere die entsprechenden Maßnahmen aktiv.

Caritasdirektor: Klima schlechter geworden

Beim abschließenden Runden Tisch zum Thema Integration wies der Kärntner Caritasdirektor Dr. Josef Marketz auf die diffusen Ängste hin, die in der Bevölkerung herrschen, wenn es um die Hilfe für Flüchtlinge ging. Er bedauerte, dass sich das Klima selbst in den Pfarren verschlechtert habe. Es sei zu spüren, dass dieses Thema "von politischen Parteien strategisch eingesetzt und dadurch noch verschärft" werde.

Für die Caritas bedeute Integration, "die Würde aller Menschen anzuerkennen". Das beinhalte sowohl die Nöte jener zu sehen, die bei uns sind, aber auch, die Ängste der Menschen wahrzunehmen. Der Kärntner Caritasdirektor kritisierte scharf, dass es Flüchtlingen nicht erlaubt sei zu arbeiten. "Ich erlebe junge Menschen, die voller Dynamik und Motivation zu uns kommen und sich ihr Leben selbst aufbauen möchten." Doch dies werde ihnen untersagt. "Nach zwei Jahren Wartezeit auf ihren Bescheid und Unterhaltszahlungen durch den Staat, ist die Motivation aber bei den meisten auf dem Nullpunkt", so Marketz. Er verwies darauf, dass die Bosnien-Flüchtlinge der 1990er-Jahre sehr wohl arbeiten durften und heute hervorragend integriert sind.

Als aktuell positives Beispiel nannte der Caritasdirektor das Klagenfurter Restaurant "Magdas", das von der Caritas geführt wird und in dem Asylberechtigte eine Ausbildung erhalten. "Die Gastronomie sucht händeringend nach Personal und nimmt unsere Leute mit Dankbarkeit an", so seine Beobachtung.

Kärntner Muslime sind Patrioten

Der Vorsitzende der Kärntner Islamischen Religionsgemeinde, Esad Memic, wies auf den intensiven interreligiösen Dialog in Kärnten hin. Die Islamische Gemeinde nutze jede Möglichkeit, einzuladen und den Dialog zu fördern, denn, so Memic: "Ängste können nur durch Begegnung abgebaut werden." Der Bosnier Memic wies auch darauf hin, dass es große Unterschiede innerhalb der Muslime gebe: "Wir sind in Österreich keine homogene Gruppe, wie dies oft dargestellt wird." Die Kärntner Muslime seien Patrioten und liebten das Land, so der Imam.

Die Veranstaltung "Gemeinsam - skupno 2020" wird 2018 mit dem Thema "Grenzen" und 2019 mit einer Tagung über "Mehrheiten - Minderheiten - Verschiedenheiten - Gemeinsamkeiten" fortgesetzt. Zum 100-Jahr-Jubiläum 2020 widmet man sich dem Themenkreis "Dialog und Identität".

Quelle: kathpress