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Kardinal Puljić: Menschen spüren, sie sind nicht allein

Zehn Jahre Diözesanpartnerschaft Gurk-Sarajevo - Kärntner Delegation war bei einem Lokalaugenschein vor Ort

Kardinal Puljić – über die 10-jährige Diözesanpartnerschaft zwischen Sarajevo und Gurk-Klagenfurt   Foto und Audiofile: Georg Pulling / Kathpress
Kardinal Puljić – über die 10-jährige Diözesanpartnerschaft zwischen Sarajevo und Gurk-Klagenfurt Foto und Audiofile: Georg Pulling / Kathpress
Kardinal Puljić

Sarajevo, 09.04.2014 (kathpress) Zum zehnjährigen Bestehen der Partnerschaft der Diözese Gurk-Klagenfurt mit der Erzdiözese Sarajevo haben Vertreter aus Kärnten die bosnische Hauptstadt besucht. Sie verschafften sich einen Überblick über die durch die Diözese unterstützten Caritas-Projekte in und rund um Sarajevo. Auf dem Programm standen Besuche im katholischen Schulzentrum, einem Jugendzentrum und der Caritas-Zentrale. Kardinal Vinko Puljić, Erzbischof von Sarajevo, betonte dazu im Gespräch mit "Kathpress" und weiteren österreichischen Medien, die Menschen hätten durch die Kooperation während der zehn Jahre gespürt, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine gelassen werden. Diese Gewissheit sei neben der materiellen Unterstützung der wichtigste Aspekt der Partnerschaft, so Puljić.

Der Kärntner Bischofsvikar Josef Marketz unterstrich, dass die Kooperation für beide Seiten bisher ein großer Erfolg gewesen sei, da auch die Österreicher viel von den Bosniern gelernt hätten. Besonders der Einsatz, mit der die Menschen hier trotz der widrigen Umstände versuchen, das Beste aus ihrer Lage zu machen, sei immer wieder inspirierend. Für die Bosnier sei es besonders wichtig zu sehen, dass sie wieder vertrauen können und dass es Menschen gibt, die sich für ihre Situation interessieren, so Marketz.

Man sei auf einem guten Weg, befand der Koordinator der Diözesanpartnerschaft Kurt Haber, trotzdem gäbe es auch weiterhin viel zu tun. Besonders die Kinder und Jugendlichen würden in Bosnien noch immer an den Folgen des Krieges leiden. Das Schulwesen sei nach wie vor in einem schlechten Zustand und selbst eine weiterführende Bildung würde den Jugendlichen kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt einräumen. Deswegen würden die finanziellen Unterstützungen der Caritas Kärnten sich besonders auf Bildungseinrichtungen beziehen, so Haber. Konkret unterstütze man einen Kindergarten, ein katholisches Schulzentrum sowie den Bau eines Jugendzentrums in Raum Sarajewo.

In dem Land, das - wie die jüngsten Proteste im Februar gezeigt haben - auch 20 Jahre nach Ende des Kriegs nicht zu Ruhe kommt, sind die sozialen Probleme nach wie vor groß. Besonders die hohe Arbeitslosigkeit (über 45 Prozent, bei unter 25-Jährigen sogar knapp 60 Prozent) schürt eine konstante Unzufriedenheit. Mirko Simic, Direktor der Caritas Sarajevo, gab im "Kathpress"-Gespräch in erster Linie der Politik die Schuld an der jetzigen Situation. Die Politiker seien viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie ihre Kraft in die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit investieren könnten.

Ohne Auslandshilfe geht es nicht

Auch für die Arbeit der Caritas würde der Staat keinerlei finanzielle Unterstützung zur Verfügung stellen, deswegen sei man auf Mittel aus dem Ausland angewiesen, so Simic weiter. Würden die ausländischen Spendengelder aus bestimmten Gründen plötzlich ausbleiben, müsste die Caritas ihre Arbeit von einem Tag auf den anderen beenden, so Simic. Diese Unsicherheit mache es unmöglich, zukunftsträchtig zu planen, betonte der Caritasdirektor.
Auf politischer Ebene ist das Zusammenleben der drei Ethnien (Bosniaken, Serben und Kroaten) nach wie vor von Spannungen geprägt. Gegenseitige Schuldzuweisungen sowie Einschränkungen und Diskriminierungen der Volksgruppen untereinander prägen den politischen Alltag des Landes. In den Caritas-Einrichtungen sei aber ein respektvoller Umgang miteinander die wichtigste Voraussetzung, so Simic. Die Schulen und Kindergärten seien alle multiethnisch geprägt.

Ante Mestrovic, Direktor der katholischen Europa-Schule Sarajevo, zeigte sich überzeugt, dass das Zusammenleben der Menschen an und für sich gut funktioniere. Es seien die politischen Führer, die durch ihre Aussagen immer wieder unnötigerweise Salz in die Wunde streuen würden, der Umgang der "einfachen Leute" miteinander sei nämlich durchaus von gegenseitigem Respekt geprägt, erklärte Mestrovic.

In der Erzdiözese Sarajevo gibt es heute 215.000 Katholiken, vor dem Bosnienkrieg waren es noch über 500.000. Die Katholiken stellen ungefähr 10 Prozent der Gesamtbevölkerung in der Erzdiözese, wobei die große Mehrheit mit 55 Prozent die Muslime bilden und rund 30 Prozent serbisch-orthodox sind. Die Caritas der Erzdiözese Sarajevo unterhält eine Vielzahl von Einrichtungen wie etwa Schulen, Kindergärten, Jugendzentren, Frauenberatungsstellen und Suppenküchen.

Die Partnerschaft zwischen der Diözese Gurk und der Erzdiözese Sarajevo wurde beim Mitteleuropäischen Katholikentag 2004 initiiert.