Organisation

Internetredaktion der Diözese Gurk

Über die Buntheit familialer Lebenswelten

Kirchliche Familienstudientagung an der PH-Kärnten beschäftigte sich mit der Zukunft der Familien

v.l.n.r: Dompfarrer Allmaier, IV-Präsident Kulterer, Redakteurin Kerschbaumer, Ministerin Karmasin, Jungscharvorsitzende Erlacher, Professor Zulehner, Moderatorin Straßer (© Foto: Katholisches Familienwerk / Eggenberger)
v.l.n.r: Dompfarrer Allmaier, IV-Präsident Kulterer, Redakteurin Kerschbaumer, Ministerin Karmasin, Jungscharvorsitzende Erlacher, Professor Zulehner, Moderatorin Straßer (© Foto: Katholisches Familienwerk / Eggenberger)

Bunt waren die vielen Stände der Katholischen Familieneinrichtungen, die am 6. Mai 2015 an der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt wie auf einem großen Marktplatz das umfangreiche Angebot der Katholischen Kirche Kärnten für Ehen und Familien zur Schau stellten. Auch der emeritierte Wiener Universitätprofessor Dr. Paul Michael Zulehner, der als Hauptreferent zur kirchlichen Familienstudientagung „FAMILIE 2050 - Werte.Wünsche.Weichenstellungen“ eingeladen wurde, sprach von einer zunehmenden „Verbuntung“ familialer Lebenswelten, die in großer Unterschiedlichkeit unser gesellschaftliches Zusammenleben prägt. Es gibt nämlich nicht mehr nur das eine kirchlich-bürgerlich geprägte Modell von Ehe und Familie. Neben diesem institutionell-religiösen Eheverständnis gibt es auch ein zunehmend stärker werdendes personal-säkulares und ein personal-religiöses Verständnis des ehelichen Zusammenlebens, veranschaulichte der Religionssoziologe Zulehner. In seiner Gesellschaftsanalyse „Zur Lage von Familie und Ehe heute“ sprach Zulehner über den Traum der romantischen Liebe, der oft in einem „ganz normalen Chaos“ endet. Auch lasse sich eine Art „Halbierung der Liebe“ feststellen, wenn Leidensaspekte aus Beziehungen von vornherein ausgeklammert werden. Der Referent gab zu bedenken, dass der Liebende seinen Partner auch „gut leiden können“ muss.
Überhaupt gehe eine verstärkte Entinstitutionalisierung partnerschaftlicher Beziehungen (von der Institution zur Person - vom Vertrag zum Vertragen) einher mit einer gegenseitigen Überforderung der Ehepartner. Die maßlose - oft ins Transzendente gesteigerte - Liebessehnsucht des Menschen scheint den Partner fast zu erdrücken. Paare erwarten unendlich viel voneinander und werden deshalb auch oft enttäuscht. Gleichsam als Entlastungszeugen zitierte Zulehner den schon verstorbenen Jesuitenpater Roman Bleistein, der vor Jahrzehnten schrieb: „Ich vergebe dem anderen, dass er mein Gott nicht sein kann.“
Studien haben bestätigt, dass sich auch viele Familien heute überfordert sehen, weil sie einem vielfältigen Druck ausgesetzt sind. Der Wunsch nach mehr „familialen Zeiten“ wird besonders bei jüngeren Familien vermehrt ausgesprochen. Kindererziehung, Berufsleben und oft auch noch die Pflege der Eltern sind unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nur schwer vereinbar, betonte Zulehner. Und er kam abschließend auch auf die diesbezüglichen Aufgaben der christlichen Kirchen zu sprechen. Sie sollten die Menschen (weiterhin) ermutigen, dem „Traum von der lebenslangen Liebe trotzdem zu trauen“, sich auf die „Hochrisikolebensform Ehe“ einzulassen. Die „Option für einen für Kinder optimalen Lebensraum“ von Stabilität und Liebe gehört dazu und auch die Schaffung von familienpolitischen Voraussetzungen für eine nachhaltige Geschlechtergerechtigkeit. Weil Ehe und Familien aber auch verwundbar und verwundet sind, benötigen sie die sakramentalen Heilsmittel der Kirche, betonte Professor Zulehner abschließend.

Die vom Katholischen Familienwerk in Zusammenarbeit von mehreren kirchlichen Familieneinrichtungen organisierte Tagung wurde von Generalvikar Dr. Engelbert Guggenberger eröffnet. Er skizzierte in seinem Grußwort die Familie als Lebensschule und zitierte dabei Papst Franziskus, der in Familien in besonderer Weise auch einen Raum sieht, in dem wir uns mitteilen können und in dem auch Vergebung gelebt wird.

KA-Kärnten-Präsidentin Dr. Iris Straßer, die den Studientag moderierte, konnte als weitere ReferentInnen Familien- und Jugendministerin Dr. Sophie Karmasin, Kleine-Zeitung-Redakteurin Mag. Carina Kerschbauer und IV-Präsidenten Christoph Kulterer auf die Bühne bitten.

Die auf Familienthemen spezialisierte Zeitungsredakteurin Carina Kerschbaumer motivierte die Anwesenden für ein verstärktes Familienlobbying. Praktische Tipps zur effizienteren Öffentlichkeitsarbeit (gut aufbereitete Daten, schnelle Reaktion, „zugespitzte“ Themen und persönliche Kontakte) wurden weiter gegeben. Kerschbaumer räumte aber auch ein, dass Familienthemen oft unter die Rubrik „Selbstverständliches“ eingeordnet werden und so kaum Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.

Familienministerin Sophie Karmasin nutzte die Gelegenheit, um Erfolge der österreichischen Familienpolitik zu benennen, die sich zum Ziel gesetzt habe, „Österreich zum familienfreundlichsten Land in Europa zu machen“. Familie ist für sie vor allem ein Wertefundament, betonte die Ministerin, die Familienkonstellation, in der „Liebe, Vertrauen, Solidarität und Zusammengehörigkeit“ gelebt werden, ist für sie von nachrangiger Bedeutung. Sie betonte den quantitativen und vor allem den qualitativen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Hier bestehe für die Eltern prinzipielle Wahlfreiheit, können sie doch unter vielen verschiedenen Varianten auswählen. Die Entwicklung eines diesbezüglichen Qualitätskompasses, das einfacher und flexibler gestaltete Kinderbetreuungsgeld und die Väterkarenz waren weitere Aspekte des Statements von Ministerin Karmasin.

Der Präsident der Kärntner Industriellenvereinigung Christoph Kulterer sprach in seinem Statement über betriebliche Kinderbetreuung in größeren Kärntner Firmen, wie z.B. bei Infineon oder in der BKS. Als Geschäftsführer eines großen Familienunternehmens betonte er außerdem, dass aus dem partnerschaftlichen Umgang in der eigenen Familie viel für unternehmerisches Handeln gelernt werden kann.

In der Abschlussdiskussion kam auch Mitorganisator Bischofsvikar Dompfarrer Dr. Peter Allmaier zu Wort, der vom „Evangelium DER Familie“ sprach und damit verdeutlichte, dass Familie ein Ort sei, „wo Gott schon da ist, bevor der Pfarrer dorthin kommt“. Familie ist ein ausgewiesener Lernort für den sozialen Umgang miteinander. Gerade auch Erbarmen und Barmherzigkeit lasse sich dort einüben und lernen, sagte Allmaier und wechselte dann in die Rolle des Familienlobbyisten, indem er den Diskutanten am Podium Vorschläge zur Kooperation „in Sachen Familie“ unterbreitete: Ein gemeinsames Sommerprogrammheft mit Angeboten für Kinder solle erstellt werden, überhaupt solle eine Vernetzung der vielen Familienangebote seitens der Politik, der Wirtschaft, der Medien und auch der Kirche stattfinden. Am Ende wurden dann gleich die Smartphones gezückt und erste Koordinationstermine vereinbart …

Doch zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass am Podium auch der Stimme der Jugend das Mikrophon gereicht wurde, ging es doch um das Thema Familie 2050. Martina Erlacher, Jusstudentin und ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jungschar, brachte erfrischend-optimistisch zum Ausdruck, wie ihre Generation über das Thema Familiengründung denkt: Ehe und Familie, ja gerne! - mit Kind UND Karriere, und Mann UND Frau teilen sich die Aufgaben gerecht! 

Bericht: KH Kronawetter