Organisation

Referat für Pfarrgemeinden

Pfarrgemeinderatskongress

Tag 2

Der zweite Tag des österreichischen Pfarrgemeinderatskongresses, der vom 29. bis 31. Mai in Mariazell stattfindet, stand ganz im Zeichen des Austausches zwischen den teilnehmenden zehn Diözesen. In 60 Workshops wurden gelungene Beispiele pfarrlicher Initiativen im Blick auf die vier Grundaufträge vorgestellt, die Teilnehmer/innen konnten sich so Anregungen und „inhaltlich-methodische Souvenirs“ für ihre eigene Pfarre mitnehmen. 

Den Auftakt des zweiten Tages machte aber nach der Frühmesse in der Basilika ein Impulsreferat des Innsbrucker Dogmatikers Roman Siebenrock. Er baute seinen Impuls auf ein Wort des Apostel Paulus im zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth auf: „Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, (…) geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes(…)“ (2 Kor 3,3).

Siebenrock betonte, dass die Kirche und der christliche Glaube nicht in einer Krise stecken würden, sondern dass wir uns klar machen müssten, dass Kirche und Zeit einem Wandel unterliegen, auf den es zu reagieren gelte: „Die Kirche und das Christentum wird sich in diesem Jahrhundert verändern, die Weltkirche wird nicht mehr „nach der Pfeife Europas“ tanzen“, so Siebenrock. „Ich bin der festen Überzeugung“, so Siebenrock, „dass bestimmte Überzeugungen von Gott und von Kirche verschwinden werden. Es wird uns der „lange Schatten Habsburgs“, die Vorstellung eines absolutistischen regierenden Gottes- und Kirchenbildes genommen werden. Wir treten erst aus dem Schatten Habsburgs heraus, wenn wir alle gemeinsam Verantwortung spüren für die Kirche in diesem Land“. Siebenrock leitete aus dem sich verändernden Kirchenbild folgende Aufgaben für den Pfarrgemeinderat ab: sich unterbrechen lassen vom gewohnten Tun und dafür auf das Wort Gottes (neu) hören, sich zu fragen, was neu, anders geworden ist und wofür wir als Pfarrgemeinde dankbar sein können, immer wieder und bewusst auf die Not des Lebens vor Ort zu hören und den Mut zu haben offen für das einzustehen, wofür Pfarre und christlicher Glaube NICHT stehen. „Wir erleben Geburtsschmerzen einer neuen Kirche. (…) Der Glaube der Zukunft wird ein freier sein, ein persönlicherer, ein überzeugter Glaube“ -und ein gemeinsamer, solidarischer: „Jeder lebt in der Kirche vom Dienst des anderen“. Siebenrocks Statement bezüglich des Wandels der Gesellschaft aufgreifend hielten am Nachmittag die Sprecher der Katholischen Jugend Österreichs, Anna Bachofner und Matthias Kreuzriegler ein Plädoyer für eine jugendliche Kirche. Jugendliche seien die Indikatoren eines Wandels in der Gesellschaft, kirchliche Jugendarbeit könne daher nicht funktionieren, wenn Altes nur einen neuen Anstrich bekäme. Die Jugendlichen selbst seien aufgerufen, sich als Kirche in Kirche und Gesellschaft zu engagieren. 

Der Innsbrucker Pastoraltheologe Christian Bauer wagte in seinem Impuls einen Blick in die Zukunft der österreichischen Kirche. Er glaubt, dass die Kirche „kleiner, bunter und weniger klerikal“ sein wird. Das Kleiner-Werden muss dabei nicht negativ sein. „Wir dürfen uns nicht an eine gute alte Zeit klammern, die ohnehin nie so war“, so Bauer. „Wo es nicht mehr selbstverständlich ist, katholischen Glaubens zu sein, werden die Zugänge zum Glauben dafür bunter“. Die Frage, die sich Pfarrgemeinderäte stellen sollten und müssen ist die Frage, ob wir überhaupt „neue Christ/innen“ haben wollen, Menschen aus anderen Sozialmilieus, mit anderen Gottesgeschichten. Die Kirche wird auch weniger klerikal sein, weil es ganz einfach weniger Priester geben wird. Der gegenwärtige Priestermangel bedeute nicht den Untergang der (österreichischen) Kirche, Kirche hätte in den Ehrenamtlichen einen nicht zu unterschätzenden Schatz. Die Kirche von morgen würde auch „jesuanischer“ sein. - und urchristlicher. IHS stünde auch für „Jesus habemus socium“, wir hätten Jesus als Freund und Gefährten. Die Kirche von morgen wird auch eine konzilsgemäßere sein. Sie wird eine umweltbezogene, beteiligende und zielbezogene Kirche sein.

Sr. Teresa Schlackl stellte Möglichkeiten einer sich verändernden Kirche anhand der Arbeit ihres Ordens, der Salvatorianerinnen, in Lateinamerika, Indien und Europa vor. Gerade die Arbeit in der indischen Provinz Assam zeige ein mögliches Rezept für Kirche von heute - die Missionarinnen haben MIT den Menschen gelebt; und sie haben so gelebt, dass die Menschen vor Ort gefragt haben, was das für ein Glaube sei, nach dem die Schwestern so leben, wie sie leben. „Es war lange gut - aber es darf sich auch was ändern“; diese Erfahrungen der Ordensgemeinschaften gelte auch für die gesamte Kirche. Eine Stärke der Salvatorianerinnen sei es, dass sie nahe bei den Menschen wären.

Der Abend des zweiten Tages war dem „Gottesgespräch“ gewidmet - verschiedene liturgische Formen konnten an verschiedenen sakralen und profanen Orten in Mariazell erfahren und erlebt werden.